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Blockchain sichert Zeugnisse, Diplome und Zertifikate

Diplome, Zertifikate, PCR-Testergebnisse und das Grundbuch haben eines gemeinsam: Sie müssen fälschungssicher sein. Neue Technologien wie die Blockchain helfen, solche Dokumente zu sichern. Immer mehr Universitäten führen deshalb Blockchain-Diplome ein.

Wer in Österreich hätte vor drei Jahren gedacht, dass ein negativer Testnachweis auf ein Virus einmal eine solche Relevanz im Alltag vieler Menschen weltweit spielen würde? Denn wer seit Spätsommer 2020 fliegen will, muss ein solches Testergebnis vorzeigen. Diese Nachweise müssen fälschungssicher sein – damit sich niemand, der erkrankt ist, mit einem gefälschten Testergebnis einschmuggeln kann. Das ist möglich dank Blockchain-Technologie.

Corona-Testzertifikate an Flughäfen

In Deutschland kooperiert beispielsweise das Start-up Ubirch aus Köln bei den fälschungssicheren PCR-Testzertifikaten mit einem Testanbieter an fünf grossen deutschen Flughäfen: “Wer von Frankfurt, Düsseldorf oder Köln/Bonn fliegt, kann sich dafür entscheiden, sein Testzertifikat in Form eines anonymisierten Fingerprints in die Blockchain zu legen – selbst wenn er gar nicht weiss, was das eigentlich ist”, erklärt Matthias Jugel, CTO von Ubirch.

QR-Code mit Infos zum Test

Letztlich hat der Getestete mit der neuen Technologie auch nichts zu tun, denn sie läuft im Hintergrund. Jugel: “Das Testergebnis wird in ein Laborinfosystem eingegeben.” Dann läuft ein automatischer Prozess im Labor ab, und zwar wie folgt:

  • Ist das Ergebnis positiv, wird das Gesundheitsamt verständigt. Dies gibt der Gesetzgeber so vor.
  • Ist es negativ, erzeugt es einen QR-Code, hinter dem eine URL liegt. Der QR-Code enthält Infos zum Getesteten, zum Testtyp und zum Zeitpunkt.

Matthias Jugel erläutert: “Daraus wird ein so genannter Hash erzeugt, das ist eine Art kryptografischer Fingerabdruck. Den speichern wir in der Blockchain. Wir bekommen nur anonymisierte Daten und speichern diese genauso ab.” Das Flughafenpersonal kann diesen QR-Code mit einer entsprechenden Verifikations-App scannen. “In Kombination mit dem Personalausweis ist so sicher, dass die Person, die fliegt, wirklich getestet wurde und das Ergebnis negativ ist”, sagt Jugel.

Impfpass basiert auf Kryptografie

Ubirch hat übrigens mit einem Konsortium rund um IBM auch den deutschen Impfpass entwickelt. Er allerdings basiert nicht auf der Blockchain-Technologie, sondern auf Kryptografie. Allerdings kommt die Blockchain in vielen anderen Anwendungen vor, die von Ubirch kommen. Beispielsweise in digitalen Fortbildungszertifikaten, die das Unternehmen für den Bundesverband Digitale Wirtschaft entwickelt hat. Sie liegen für immer und fälschungssicher in der Blockchain.

Matthias Jugel, Blockchain-Spezialist und CTO von Ubirch.

Wer von Frankfurt fliegt, kann sich dafür entscheiden, sein Testzertifikat als anonymisierter Fingerprint in die Blockchain zu legen.

Matthias Jugel, Blockchain-Spezialist und CTO von Ubirch.

Blockchain für Zeugnisse und Zertifikate

“Fälschungen im physischen Bereich, bei Whisky, bei Tabak, bei allerlei möglichen Sammlerobjekten nehmen zu”, sagt Professor Fabian Schär zu FinanceNews TV. Er lehrt zu den Themen Fintech und Blockchain an der Universität in Basel. Schär hat an seiner Universität die Sicherung von Diplomen seit 2018 über die Blockchain vorangetrieben. Zuerst sicherte die Universität Zertifikate für einzelne Kurse über die Blockchain. Mittlerweile gibt es auch die Diplome in der Blockchain. Erhält eine Universität ein solches Blockchain-Diplom von einem Bewerber, kann sie überprüfen, ob die Universität Basel es tatsächlich ausgestellt hat. Gleichzeitig ist damit sicher, dass kein Bewerber sein Diplom geschönt hat.

Universität Basel, Kollegienhaus
Blockchain hat Einzug gehalten: Universität Basel.

Gefälschte Diplome und Abschlussnoten verhindern

Professor Fabian Schär sagt, sein Sekretariat spare auf diese Weise viel Zeit. Denn täglich erkundigen sich an der Universität mehrere Anrufer, ob eine Person tatsächlich mit einer bestimmten Abschlussnote das Studium beendet hat. Verwunderlich ist das nicht: Wer sich ein bisschen mit Bildbearbeitung auskennt, kann aus einer befriedigenden Note schnell ein “sehr gut” machen. Ausserdem gibt es gefälschte Diplome für relativ wenig Geld im Internet. “Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft digitale Werteinheiten einen immer höheren Stellenwert einnehmen werden. Und damit auch die Tokenisierung auf der Blockchain. Jeder kann überprüfen, ob etwas mit rechten Dingen abgelaufen ist”, sagt Schär zu FinanceNews TV.

Vorteile der Blockchain bei Dokumenten

  • Fälschungssicher
  • Vor Schäden durch Feuer oder Wasser geschützt
  • Einfacher weiterzuverarbeiten in digitalen Prozessen
  • Zeitsparend

Blockchain-Zeugnisse erleichtern Abläufe

Auch in Deutschland ist in diesem Sommer ein Testlauf mit fälschungssicheren Abiturzeugnissen gestartet. Mit dabei sind einige Schulen in den Bundesländern Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. “In Zusammenarbeit mit der Bundesdruckerei werden Schulzeugnisse mit einer digitalen Signatur versehen und in eine bei der Bundesdruckerei betriebene Blockchain eingetragen”, heisst es aus dem Schulministerium in Nordrhein-Westfalen. “Hierüber können später die Echtheit und Gültigkeit eines digitalen Zeugnisses verifiziert, nicht aber der Zeugnisinhalt gelesen werden.” Ausserdem seien auch einige nordrhein-westfälische Hochschulen an dem Feldtest beteiligt. Sie ermöglichen es ihren angehenden Studierenden erstmals in diesem Sommer, sich durch die Vorlage ihres digitalen Zeugnisses zu immatrikulieren. Beglaubigte Kopien des Abiturzeugnisses sind also nicht mehr nötig.

Bewerbungsprozess läuft effizienter ab

Die Blockchain-Zeugnisse sind dementsprechend nicht nur fälschungssicher und datenschutzkonform, sondern bringen weitere Vorteile mit sich. Dazu gehört auch, dass mit ihnen die fast nur noch digitalen Bewerbungsprozesse besser ablaufen: Die Qualität eines Papierzeugnisses leidet bei der Digitalisierung. Ausserdem ist es anfällig gegen Wasser und Feuer. Das Modellprojekt in Deutschland ist Teil des Onlinezugangsgesetzes (OZG), das bis Ende 2022 alle staatlichen Leistungen in Deutschland digital zur Verfügung stellen will.

Blockchain-Dokumente für viele Branchen

Auch im Finanzwesen gibt es immer mehr Anwendungsfälle für die Blockchain. So sind beispielsweise Wertpapiertransaktionen über sie möglich und Versicherungsverträge sollen künftig häufiger smart sein. Ubirch hatte beispielsweise mit einem Konferenzanbieter eine Versicherung für die Teilnehmer angeboten: Sollte der Wert im Raum einen bestimmten CO2-Wert übersteigen, bekämen die Teilnehmer automatisch eine Auszahlung. Also lassen sich mit Smart Contracts Schadensfälle in der Versicherungsbranche schneller regulieren. “Ein anderes Beispiel aus unserem Arbeitsalltag ist aus der Food-Branche: Mit Hilfe von Sensoren und der Blockchain lässt sich beispielsweise dokumentieren, dass die Kühlkette eingehalten wurde. Oder dass die Luftfeuchtigkeit beim Teetransport nicht zu hoch war”, sagt Matthias Jugel. “In diesen Fällen geht es also um Qualitätskontrolle und Dokumentation.”

Wird das Grundbuch digital?

Sogar über das Grundbuch in der Blockchain denken Experten nach. Als Vorbild dient dabei gerne Schweden. Mats Snäll hat beim schwedischen Kataster-, Kartierungs- und Grundbuchamt, Lantmäteriety, ein Projekt geleitet: Ein Machbarkeitsnachweis zur Verwendung der Blockchain-Technologie für Immobilienübertragungen. “Wir haben gezeigt, dass digitale Verträge eine solche Transaktion unterstützen können. Der Prozess des Verkaufens und Kaufens, die Finanzierung und eine ordnungsgemässe Grundbucheintragung sind damit gut abbildbar.” Allerdings, so Snäll, sei für eine solche Umstellung eine Gesetzgebung erforderlich, die digitale Verträge anstelle von papierbasierten Transaktionen unterstützt.

Eine weitere Frage sei, wie man ein solches System steuert. “Schliesslich ist unsere gesamte Verwaltung in zentralisierten Einheiten angelegt. Die Blockchain beruht jedoch auf der Distributed Ledger Technology. Sie funktioniert durch das Zusammenspiel von unterschiedlichen Partnern, Knoten und Parteien”, sagt Mats Snäll. “Diese noch immer grosse Herausforderung muss die Welt erst einmal lösen.” Snäll arbeitet heute bei DIGG, einer Behörde für digitale Verwaltung in Sundsvall.

Weshalb sind Dokumente in der Blockchain so sicher?

Die Blockchain ist eine dezentrale, öffentliche Datenbank, auf der alle Informationen chronologisch gespeichert sind. Zudem sind sie auf sehr vielen Servern weltweit gespiegelt. Für Dokumente, Zertifikate oder Zeugnisse bedeutet dies folgendes: Würde es gelingen, einen Datensatz zu verändern, wären noch genügend Kopien vorhanden. Diese zeigen, dass es einen Veränderungsversuch gegeben hat. Ausserdem würde für eine Veränderung so viel Rechenleistung benötigt, wie sie kaum jemand haben dürfte. Auch das macht Daten in der Blockchain so sicher.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielt die Blockchain bei Dokumenten?

Schulen oder Universitäten beispielsweise speichern Abschlusszeugnisse in der Blockchain. Auch bei der Dokumentation digitaler PCR-Testergebnisse spielt sie eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus kommt die Blockchain bei Versicherungsverträgen oder bei der Qualitätsdokumentation immer häufiger zum Einsatz.

Welche Vorteile hat die Blockchain bei Zeugnissen und Zertifikaten?

Sie ist fälschungssicher. Betrüger können die Dokumente also nicht einfach mit Bildbearbeitungssoftware verändern. Ausserdem sind sie in der dezentralen Datenbank sicher vor Feuer oder Wasser. In zunehmend digitalisierten Prozessen ist es ausserdem sinnvoll, wenn auch das Basis-Dokument bereits digital vorliegt.

Bettina Blass

Wirtschaftsjournalistin & Redakteurin | Verbraucherspezialistin
Schwerpunkte: Wirtschaft | Verbraucherschutz | Internet

Bettina Blass

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