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Blutdiamanten – die Blockchain kann den Handel stoppen

Blutdiamanten, die Kriege finanzieren. Menschenverachtende Arbeitsbedingungen in Minen. Die Diamantenindustrie hat mehr als ein Problem. Doch Konsumenten wollen saubere Steine. Tokenisierung und Blockchain können dank transparenter Lieferketten den Handel mit Blutdiamanten stoppen.

Der Begriff “Blutdiamanten” tauchte erstmals 1975 im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in Angola auf. Das Land verfügt über ein bedeutendes Diamantenvorkommen. Die Rebellen finanzierten ihre Waffen aus dem illegalen Handel mit den Steinen – jahrzehntelang. 1998 verhängte die UNO ein Handelsembargo für Diamanten aus Angola, dem benachbarten Kongo und Sierra Leone. Man hoffte, von Konfliktdiamanten finanzierte Kriege so zu stoppen.

In den Jahrzehnten danach versuchte die Diamantenindustrie mit Qualitätssiegeln und Abkommen der Sache Herr zu werden. Nur so lassen sich in Zukunft Konsumenten und Käufer auch in Österreich überzeugen. Heute gibt es mit tokenisierten Diamanten nicht nur eine neue Investmentalternative. In Kombination mit der Blockchain-Technologie für transparente Lieferketten bieten Diamanten-Tokens auch die Möglichkeit, die Konfliktstein-Problematik per Digitalisierung in den Griff zu bekommen.

Der Kimberley-Prozess: Verlorener Kampf gegen Konfliktsteine?

2003 sagten diamantenproduzierende Staaten und die UN mit dem Kimberley-Prozess (KP) Blutdiamanten den Kampf an. Der KP definiert diese Steine als “von Rebellen in Konfliktgebieten illegal geschürfte Rohdiamanten, deren Export Waffen finanziert, um legitime Regierungen zu stürzen”. 2007 frohlockte man zwar, dass die Ära der Blutdiamanten vorbei sei. Menschenrechtsorganisationen kritisieren aber immer wieder die zu enge Definition, die weder Kinder- noch Zwangsarbeit berücksichtigt. Amnesty International stellte noch 2015 beträchtliche Verletzungen der Menschenrechte in der Diamantenindustrie fest. 2019 gesteht auch der World Diamond Council (WDC) gravierende Probleme ein.

Kunden wollen keine Blutdiamanten 

Edward Asscher, Präsident des World Diamond Council, sagte im Juni 2021 bei einem internationalen Treffen, dass die immer neuen Negativschlagzeilen die Zukunft der gesamten Branche gefährden. Denn: Der Werttreiber für Diamanten seien Kundenwünsche. Und Kunden würden erwarten, dass der Stein, den sie kaufen, einen nachhaltig positiven Impact hat und aus legalen Quellen stammt. Der Kimberley-Prozess müsse sich deshalb verstärkt für Menschenrechte, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzen. “Wir riskieren sonst nicht nur, dass wir an Bedeutung verlieren. Natürliche Diamanten könnten als Produkt irgendwann irrelevant sein. Denn Kunden haben Alternativen”, warnte Asscher.

Diamanten-Schmuck am Ohr einer Frau.
Die Blockchain könnte das Geschäft mit Blutdiamanten stoppen.

Moralisch einwandfreie Alternative: Laborsteine

Die Diamantenindustrie steht in Österreich oft im Kreuzfeuer der Kritik. Auch der Handel mit tokenisierten Diamanten ist davon betroffen. Doch es gibt auch Positives zu vermerken – wie die Zahlen von diamondfacts.org zeigen:

  • 5 Millionen Menschen haben durch Einkünfte aus der Diamantenindustrie Zugang zu medizinischer Versorgung.
  • 81 Staaten haben sich den Auflagen des Kimberley-Prozesses verpflichtet.
  • 10 Millionen Menschen profitieren von der Diamantenindustrie direkt oder indirekt.
  • 99 Prozent aller Diamanten weltweit kommen aus Produktionen, die sich dem Kimberley-Abkommen angeschlossen haben.

Mehr Transparenz durch EU-Lieferkettensetz

Im Prinzip ist es einfach: Identität, Herkunft und Bearbeitung eines Diamanten müssen über die gesamte Lieferkette nachvollziehbar sein. Einen Durchbruch erhoffen sich viele vom EU-Lieferkettengesetz. Allerdings sorgt das für Konflikte, bevor es überhaupt beschlossen ist. Deutschland hat seit Juni eine nationale Gesetzgebung. Die sieht ab 2023 hohe Bussgeldstrafen für grosse Firmen in Deutschland vor, wenn ihre ausländischen Zulieferer Menschenrechtsverletzungen begehen. Kritiker bemängeln allerdings, dass die deutsche Vorlage, die eigentlich Blaupause für die EU-Version sein sollte, ein Kompromiss und nicht weitgehend genug sei.

Porträt von Bundesminister Gerd Müller

Wenn Sie heute in Berlin einen Diamantring kaufen, kann man Ihnen sagen, aus welcher Mine Sierra Leones der Stein kommt. Im Zeitalter von Digitalisierung und Blockchain ist das möglich.

Gerd Müller, Deutscher Bundesminister für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit

Mit DLT gegen Blutdiamanten

Was die Industrie braucht, sind transparente Methoden zur Rückverfolgung. Genau die entwickelt das Londoner Start-Up Everledger. Das Unternehmen nutzt die DLT-Blockchaintechnologie in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz (KI) und Internet-of-Things-Technologie (IoT). So kreiert es für jeden Diamanten einen “digitalen Zwilling”. Der wird sicher und unmanipulierbar auf der Everledger-Platform verwahrt. Eine Umetikettierung von Blutdiamenten in legal gehandelte Steine ist dank Blockchain-Technologie nicht möglich.

Sierra Leone geht mit gutem Beispiel voran

Es scheint, als stelle sich die afrikanische Diamantenindustrie dem Problem der Konfliktsteine. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller berichtete während eines Interviews beim Deutschen Wirtschaftsforum Anfang Juli von seinem Besuch in Sierra Leone. Blutdiamanten und Kinderarbeit in den Minen waren hier Jahrzehnte lang ein Thema. Müller besichtigte die staatliche Zertifizierungsanstalt und war beeindruckt: Auch das ärmste Land der Welt schaffe es, Lieferketten zu zertifizieren. “Wenn Sie heute in Berlin einen Diamantring kaufen, kann man Ihnen sagen, aus welcher Mine Sierra Leones der Stein kommt. Im Zeitalter von Digitalisierung und Blockchain ist das möglich.”

Dank Blockchain bessere Arbeitsbedingungen

Auch im Kongo war das Diamanten-Business immer mit Blut behaftet. Das Land gehörte 2020 zu den Top 3 der Diamantenproduzenten weltweit. Der Berliner Spezialist für Lieferketten-Analyse RSC Global hat eine Blockchain-Lösung entwickelt, mit der sich Rohstoffe zurückverfolgen lassen. In Zusammenarbeit mit der kongolesischen Regierung will man sie im Kampf gegen Blutdiamanten einsetzen. Die Betreiber der staatlichen Diamantenmine Societe Miniere Bisunzu möchten per Blockchain Tracking sicherstellen, dass ihre Diamanten unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen gefördert werden. Jeder Edelstein erhält dafür über die Plattform einen digitalen Tag, der die Lieferkette dokumentiert.

Moralisch einwandfreie Alternative: Laborsteine

Wer sicher sein will, keinen Konfliktstein zu kaufen, findet in Laborsteinen die Alternative für ein ruhiges Gewissen. Diese Diamanten kommen aus künstlicher Produktion. Modernste Technologie schafft im Labor Bedingungen, wie sie im Erdinneren beim natürliche Entstehungsprozess vorhanden sind. Unter hohem Druck von bis zu 60 000 Bar entsteht bei einer Temperatur von mehr als 1500 Grad Celsius aus Graphit ein synthetischer Diamant. Er hat die gleichen physikalischen und chemischen Eigenschaften wie ein natürlicher Stein. Auch optisch ist er nicht zu unterscheiden. Der grosse Vorteil des Laborsteins: Er funkelt, ohne dass Menschen in Minen hart dafür arbeiten müssen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Woher stammt der Begriff Blutdiamanten?

Der Begriff „Blutdiamanten” tauchte erstmals in den 1970er Jahren auf. Im angolanischen Bürgerkrieg kauften Rebellen ihre Waffen mit illegal geschürften Steinen. Die Bedingungen für die Minenarbeiter – viele von ihnen Kinder – waren menschenunwürdig. Die „Konfliktdiamanten” finanzierten jahrzehntelang blutige Kriege. Bis heute gibt es illegale Förderung von Diamanten.

Wie kann die Blockchain den Handel mit Blutdiamanten stoppen?

Mit transparenten Lieferketten. Die Blockchain-Technologie erlaubt es, Herkunft, Eigenschaften, Bearbeitungsschritte und Eigentümerschaft zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar zu machen. Jeder Stein bekommt seinen „digitalen Zwilling“, der sicher vor Manipulation ist. Blutdiamanten haben so keine Chance mehr, unerkannt zum Verbraucher zu gelangen.

Was tut die Industrie, um den Handel mit Blutdiamanten zu verhindern?

2003 wurde der Kimberley-Prozess (KP)ins Leben gerufen. Er ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie, den Handel mit Blutdiamanten zu unterbinden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren aber, dass die Massnahmen nicht weitreichend genug sind und illegale Händler Auflagen leicht umgehen können.

Sabine Melichar

Redakteurin | MBA Universität Köln / San Diego State University
Schwerpunkte: Tokenisierung | Digitalisierung von Unternehmen | Berufsbildung | Gesellschaft

Sabine Melichar

Redakteurin | MBA Universität Köln / San Diego State University
Schwerpunkte: Tokenisierung | Digitalisierung von Unternehmen | Berufsbildung | Gesellschaft