Rund die Hälfte der Deutschen hat den Begriff Blockchain noch nie gehört. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Branchenverbands BITKOM in Berlin von Mai 2021. Dabei hatten viele, die seit Mitte 2020 von einem der grossen deutschen Flughäfen flogen, schon direkten Kontakt zu dieser neuen Technologie: Der negative PCR-Corona-Test muss nämlich fälschungssicher sein und nutzt dafür die Blockchain. Realisiert hat die Anwendung das Fintech-Unternehmen Ubirch in Köln.
Vorteile der Blockchain für Kunden, Anleger und Bürger
Der weitgehende Schutz vor Betrug und Fälschung macht die Blockchain auch in Österreich so besonders: “Es ist das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, dass man gemeinsam eine Datenbank führt und sich gegenseitig kontrolliert”, erklärt Fabian Schär. Der Professor für Distributed Ledger Technology an der Universität in Basel streicht die Vorteile der Blockchain hervor. “Normalerweise braucht es immer eine zentrale Instanz. Also jemanden, der diese Datenbank alleine führt, monopolistisch führt.” Und das sei bei der Blockchain anders. “Ich kann dank der Blockchain jede Transaktion überprüfen und schauen, ob alles mit rechten Dingen zugeht”, sagt Schär.
Es gibt unterschiedliche Blockchains
Das gilt zumindest für die öffentliche Blockchain. Von ihr muss man halbprivate und private Blockchains unterscheiden. So gibt es zugangsbeschränkte Blockchains bei einem Konsortium, beispielsweise bei einer Gruppe von Finanzinstituten. Auch Firmen benutzen private Blockchains, zum Beispiel für eine Test- oder Entwicklungsumgebung. Sie weisen Nutzern Berechtigungen zu und verbinden ihre Blockchain mit der öffentlichen Blockchain, um von deren Sicherheitsstandard zu profitieren.
Konsumenten können sich auf Qualität verlassen
So macht es beispielsweise auch Ubirch. Die Firma stellt nicht nur die PCR-Testergebnisse an einigen deutschen Flughäfen bereit, sondern stellt Lösungen für viele Branchen her. Konsumenten profitieren dabei von den Vorteilen, welche die Blockchain verschafft. Dies zeigen folgende Beispiele:
- Ernährung und Essen: Dank Sensoren und der Blockchain lässt sich die Kühlkette während des Transports überwachen. Der Käufer kann also beispielsweise sicher sein, dass die Qualität seines Snacks nicht unter zu hoher Luftfeuchtigkeit gelitten hat.
- Versicherungen: Österreichische Kunden können aufgrund von Smart Contracts mit einer schnelleren Schadensfallabwicklung rechnen.
- Beruf und Bildung: Berufseinsteiger haben es einfacher, sich zu bewerben, wenn die Zeugnisse und Diplome in der Blockchain liegen. Gleichzeitig dürfen Arbeitgeber darauf vertrauen, dass Zeugnis, Diplom oder Zertifikat nicht gefälscht sind.
Ich kann dank der Blockchain jede Transaktion überprüfen und schauen, ob alles mit rechten Dingen zugeht.
Fabian Schär, Professor für Distributed Ledger Technologie & Fintech, Universität Basel
Vorteile auch in der Finanzbranche
“Auch in der Finanzbranche öffnet die Blockchain neue Möglichkeiten”, sagt Tom Friess, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters Vermögenszentrum. “Durch so genannte Tokens können Anleger jetzt Teile von Kunst oder Oldtimern kaufen. Das war bisher nicht möglich.” Die Blockchain eröffnet also neue Möglichkeiten, vereinfacht Prozesse und sorgt zusätzlich für mehr Transparenz. Letztere macht die Blockchain auch auf einer anderen Ebene interessant: Bürger können so beispielsweise Angaben von Unternehmen, Organisationen und Institutionen leichter überprüfen.
Wie Bürger Daten überprüfen können
Ubirch hat in der Chemiebranche eine Lösung zur Dokumentation von Qualitätsmessungen von Wasser umgesetzt: “Dabei ist eine Messstelle mit der Blockchain verbunden”, erklärt Matthias Jugel, CTO von Ubirch. Verknüpfungen dieser Art sind im Internet of Things möglich:
- Die Glühbirne beispielsweise, die sich per Smartphone dimmen lässt.
- Der Fernseher, der internetfähig ist.
- Das Thermostat an der Heizung, das sich aus der Ferne hoch- oder runtergestellen lässt.
So ähnlich ist es auch bei der Wasserqualitätsmessung. “Die Messstelle hat eine Kryptoidentität und unterschreibt kryptographisch, dass sie gemessen hat”, erklärt Jugel weiter. “Damit stehen die Infos im Netz, sind aber für den normalen Nutzer noch nicht lesbar. Doch durch die Messung wird eine Transaktions-ID erstellt. Diese wiederum lässt sich in einen Link einbauen, der dem Nutzer den Zugang zu den gespeicherten Ergebnissen im Internet ermöglicht.” Einwohner einer Gemeinde in Österreich oder Hausbesitzer können sich so regelmässig über die Wasserqualität informieren – ein klarer Vorteil dank der Blockchain.
Betrug kann trotz Blockchain vorkommen
Die Technologie ist sicher. Das heisst aber noch nicht, dass sie vor Betrug geschützt ist. “Letztlich ist es ganz ähnlich wie beim Phishing: Die Bankinfrastruktur ist üblicherweise sehr sicher”, sagt Jugel. “Betrüger können aber eine Bankenseite nachbauen, die wie die Originalseite aussieht, aber falsche Werte beinhaltet. Längst nicht alle Verbraucher wissen, woran man eine solche gefälschte Seite erkennt.” In diesem Fall ist Missbrauch möglich. Damit einem Verbraucher diese Fälschung auffällt, muss er sich informieren, bevor er die Technologie nutzt. “So wie es beim Onlinebanking auch der Fall ist”, sagt Jugel.
Wie schnell sich die Blockchain durchsetzen wird
Noch allerdings haben Kunden, Käufer oder engagierte Bürger ausreichend Zeit, sich mit der neuen Technologie auseinander zu setzen. Denn die Blockchain ist derzeit noch mit hohen Transaktionskosten verbunden, so dass sich ihr Einsatz nicht überall lohnt. „Aber die Technologie wird günstiger werden. Discounter dürften auf die Blockchain setzen, um die Qualität ihrer Produkte nachzuweisen“, sagt Matthias Jugel.
Definition: Die Blockchain
Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt "Block-Kette". Die Blockchain ist eine Datenbank, in der Dokumente gespeichert werden. Diese Datenbank ist allerdings dezentral. Sie liegt also nicht nur auf einem Server, sondern als Kopie, die sich automatisch in Echtzeit aktualisiert, bei jedem Nutzer. Jedes Dokument transportiert gleichzeitig seine gesamte Historie in chronologischer Reihenfolge. Damit sind keine unbefugten Änderungen möglich. Denn sobald ein Nutzer eine Änderung vornimmt, wird diese als Block an den ursprünglichen Dokumentblock angehängt, quasi "angekettet". Synonym zu Blockchain wird oft der Begriff "Distributed Ledger" genutzt, was ungefähr bedeutet: "verteiltes Register".
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Ja. Allerdings wissen die Verbraucher oft gar nicht, dass die Blockchaintechnologie im Hintergrund abläuft. Tatsächlich wird die Blockchain jedoch schon eingesetzt, beispielsweise in der Finanz-, Versicherungs- oder Foodbranche. Und zwar für die Sicherung der Qualität von Produkten, bei Zertifizierungen oder zur Beschleunigung von administrativen Abläufen.
Ja. Damit Esswaren nicht verderben, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden – etwa während der Produktion und bei Transporten in die Verkaufsläden oder Restaurants. Dank Sensoren und der Blockchain lässt sich die Kühlkette während des Transports überwachen. Die Käufer können also sicher sein, dass die Qualität der eingekauften Esswaren nicht unter Wärme oder zu hoher Luftfeuchtigkeit gelitten hat.
Nein. Die Kryptowährung Bitcoin beruht zwar auf der Blockchain. Aber die Blockchain wird deutlich vielfältiger eingesetzt. Sie benötigen also keine Kryptowährung, um von der Blockchain profitieren zu können.