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Die Blockchain und wie sie funktioniert – einfach erklärt

Die einen sehen in der Blockchain eine Schlüsseltechnologie der Zukunft: Sie soll auch in Österreich Finanzabläufe effizienter und sicherer machen. Andere finden die neue Krypto-Technologie überbewertet. Das Konzept dahinter ist aber nicht ganz leicht zu verstehen. Deshalb klären wir für Sie auf.

Um eines gleich vorwegzunehmen: Blockchain ist nicht gleich Bitcoin, wie viele vielleicht vermuten würden. Blockchain ist eine Krypto-Technologie. Bitcoin dagegen ist eine Krypto-Währung. Bitcoin und Co. haben im letzten Jahrzehnt die Finanzwelt auch in Österreich auf den Kopf gestellt. Der geheime Star beim Kryptowährungs-Hype ist aber die Blockchain. Denn ihre Technologie macht Kryptowährungs-Transaktionen überhaupt erst möglich.

Es entstehen liquide Märkte

Und nicht nur das. Sind Sie Anleger? Dann beschert die Blockchain-Technologie Ihrem Depot auch tokenisierte Kunst, Tokens von Porsche oder ein tokenisierter Ferrari. Aber auch und Luxusimmobilien – sogenannte “non-bankable assets”.. Dr. Nils Bulling, promovierter Computer-Wissenschaftler, Buchautor und Head Digital Strategy & Innovation bei Avaloq sagt zum Blockchain-Potenzial: “Dank Blockchain-Technologie ist es möglich, nBAs in Form von tokenisierten Vermögenswerten anzubieten. Dadurch sinken solche Eintrittsbarrieren wie etwa Mindestinvestitionen, und es entstehen liquide Märkte für diese Assets.”

Blockchain: Was ist das eigentlich?

Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank. Eine grosse Anzahl von Teilnehmern kann sie gemeinsam nutzen. Dank der speziellen Struktur der Datenbank lassen sich die verschiedensten Arten von digitalen Transaktionen abbilden, und zwar wie folgt:

  • Daten, Informationen und Dokumente werden voll automatisch und fälschungssicher zwischen Parteien übertragen.
  • Und zwar auf direktem Weg, ohne eine vermittelnde Instanz.
  • Es gibt keine zentrale Kontrolleinheit. Alle Teilnehmer im Blockchain-Netzwerk kontrollieren mit.
  • Die Blockchain ist sozusagen ein komplett demokratisches System – und völlig transparent: Alle Informationen sind jederzeit für alle verfügbar. 

“Es gibt buchstäblich keine Grenzen”, sagt der Finanzexperte und Blockchain-Spezialist Professor Andreas Park von der Universität von Toronto. Das Aufkommen von Non Fungible Tokens (NFTs) könne die Art und Weise verändern, wie wir über Eigentum und Besitztum denken. Und zwar genauso, wie das Internet die Art und Weise verändert hat, wie wir Kommunikation und Handel betrachten.

Mittlerweile gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain. Sie breitet sich in unterschiedlichen Branchen immer mehr aus. Dabei geht es längst nicht nur um Kryptowährungen. Auch bei NFT-Spielen oder VISA Kreditkarten spielt sie eine Rolle.

Wie funktioniert die Blockchain-Technologie?

Im Prinzip ist die Blockchain ein in Echtzeit aktualisiertes, fälschungssicheres Verzeichnis. Dieses ist auf vielen verschiedenen Computern und Servern gespeichert. Um die Server alle jederzeit auf den aktuellen Stand zu bringen, sind folgende Schritte nötig:

  1. Transaktion

    Eine Partei startet mit einer Transaktion in der Blockchain einen Prozess. Dabei tauscht sie mit einer anderen Partei Informationen aus: zum Beispiel ein Dokument oder eine Anweisung zu einem Geldtransfer. Das zieht andere Transaktionen nach sich.

  2. Verifizierung

    Die Computer im Blockchain-Netzwerk prüfen, ob die Parteien zur Transaktion berechtigt sind.

  3. Blockbildung

    Die Datensätze, die anfallen, werden in einem Datenblock gesammelt und verschlüsselt.

  4. Validierung

    Das System validiert die Informationen und erzeugt danach den Datenblock für die Kette. Das geschieht meist über einen “Proof of Work”. Den liefern sogenannte “Miner”. Für ihre Arbeit werden sie vergütet.

  5. Verkettung

    Wenn der Block validiert ist, bekommen alle Computer im Netzwerk eine Kopie und hängen sie an die Blockchain an.

Unterschiedlicheste Anwendungsformen

Ursprünglich ging es bei der Blockchain-Technologie lediglich um Kryptowährungstransaktionen. Es gibt aber inzwischen in nahezu allen Bereichen Anwendungsmöglichkeiten – von der Finanz- und Versicherungsbranche über den Energiesektor und die Industrie 4.0 bis zum Supply Chain Management. Die Blockchain kann die unterschiedlichsten Arten von Dateninformationen darstellen:

  • Digitales Eigentum, z.B. tokenisierte Autos oder Kunst im Rahmen der Tokenisierung
  • Non fungible Tokens, nicht austauschbare Tokens wie zum Beispiel Anteile an Kunst
  • Logistische Prozesse
  • Patientenakten
  • Prozesse im Umweltmanagement
  • Grundbücher
  • Dokumentation von Strommengen im Netz

Mit ihrer dezentralen Struktur bietet die Blockchain zudem auch Raum für innovative Lösungen im Non-Profit-Bereich: in gemeinnützigen Projekten oder zur Erreichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele. So gibt es sogar tokenisierte Bäume, die man erwerben kann, um die Wälder zu retten. 

Woher kommt der Name “Blockchain”?

Die Blockchain ist, wie der Name schon sagt, eine Kette von Datenblöcken. In jedem sind Datensätze gesammelt, die sich im Zusammenhang mit digitalen Transaktionen ergeben: bei der Übertragung von Geld oder Vermögenswerten, beim Abschluss eines Vertrags oder bei der Überlassung von digitalen Urkunden. Die Datenblöcke werden chronologisch aneinandergereiht und zu einer kontinuierlich wachsenden “Blockkette” verknüpft. Diese speichert dabei jede Transaktion genau ein einziges Mal in der Datenkette.

Die technischen Grundlagen für die Blockchain gab es bereits Ende des letzten Jahrtausends. Zwei US-Kryptographen programmierten 1991 die erste Software, die digitale Dokumente mit Zeitstempeln versah. Der Vorteil schon damals: Sie liessen sich damit nicht rückwirkend manipulieren. Den ersten Schritt in Richtung Kryptowährungen machte 2004 der Softwareentwickler Hal Finney: Er registrierte Token auf einem Server, der Benutzer auf der ganzen Welt ihre Richtigkeit und Integrität in Echtzeit überprüfen liess.
2008 wurde unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto das berühmte „Whitepaper“ veröffentlicht. Das ist ein Konzeptpapier zu einem Zahlungssystem auf Blockchain-Basis: dem Bitcoin. Die erste Kryptowährung brachte der Blockchain-Technologie 2009 den Durchbruch.
2015 ging mit Ethereum die zweite Blockchain an den Start. Ganz neu dabei: „Smart Contracts“. Dabei handelt es sich um Programme oder Skripte, die Transaktionen durchführen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Abläufe können so rechtssicher automatisiert werden. Dank Smart Contracts bildet die Blockchain neben Kryptowährungen nicht nur andere Vermögensgegenstände (tokenisierte Immobilien, Luxusautos, Gemälde usw.) per Token ab. Auch geistiges Eigentum und Dienstleistungen macht sie kryptofähig. Wie Bitcoin hat Ethereum eine eigene Kryptowährung –„Ether“. Die Etherium-Blockchain kann dank Smart Contracts aber noch viel mehr. Aktuell ist sie das grösste Blockchain-Netzwerk. 95 Prozent aller geschäftlichen Anwendungen basieren auf ihr.

Warum gilt die Blockchain als sicher?

Zwei Dinge machen die Blockchain sicher: Kryptografie und Konsens. Alles ist verschlüsselt. Nichts passiert, bevor sich alle einig sind. Die Blockchain setzt eine spezielle Verschlüsselungstechnik ein. Das Prinzip dabei: Zwischen die Blöcke werden Gleichungen gesetzt. Die lassen sich vorwärts lösen, aber nicht – oder nur extrem schwer – zurückrechnen. Dazu kommt: Die Informationen in der Blockchain liegen nicht auf einem einzelnen Server. Sie sind verstreut in einem Netzwerk aus Tausenden von Rechnern. Und: Es gibt einen eingebauten Konsensmechanismus, den sogenannten „Proof of Work“. Der stellt sicher, dass Teilnehmer der Blockchain alle neuen Transaktionen validieren. Erst danach füg das System sie dem Netzwerk hinzu. Das macht es so gut wie unmöglich, Transaktionsdaten zu manipulieren.

Was sind Miners und Proof of Work?

Die Blockchain erklärt in 100 Wörtern – von Richard Bradley, Partner bei Deloitte Schweiz, im Blog: "Sie (ein "Node", also ein "Knotenpunkt") haben eine Datei mit Transaktionen auf Ihrem Computer (einen "ledger", bzw. ein "Hauptbuch"). Zwei Regierungsbuchhalter (nennen wir sie "miners") haben die gleiche Datei auf ihrem Computer (sie ist also "verteilt"). Wenn Sie eine Transaktion ausführen, schickt Ihr Computer eine E-Mail an beide Buchhalter, um sie zu informieren. Jeder Buchhalter beeilt sich, um der erste zu sein, der überprüft, ob Sie es sich leisten können (und um ihr Gehalt in "Bitcoins" ausgezahlt zu erhalten). Der erste, der überprüft und bestätigt hat, klickt auf "ALLEN ANTWORTEN" und fügt seine Überlegungen für das Überprüfen der Transaktion an ("Proof of Work"). Falls der andere Buchhalter derselben Meinung ist, aktualisiert jeder seine Datei.“

Ist es die Technologie der Zukunft?

Die Vorteile der Blockchain legen gleichzeitig auch ihre zweite grossen Schwachstelle offen (neben dem hohen Energieverbrauch): die eingeschränkte Skalierbarkeit. Walter Dettling, Professor für Wirtschaftsinformatik und Mathematik an der FHNW, sagt dazu in einem Interview in der Netzwoche: “Man kann nicht unendlich viele Daten gleichzeitig dezentral und schnell fälschungssicher online verfügbar machen. Daran scheitern bisher alle Blockchain-Anwendungen. Sie setzen voraus, dass man bestehende Geschäftsprozesse in gewohnter Weise digital abbildet. Damit erzeugen sie Datenstrukturen und -mengen, die keine Blockchain genügend schnell verarbeiten kann.”

Nichtsdestotrotz hat die Blockchain grosses Potenzial – davon ist Digital-Stratege Dr. Nils Bulling überzeugt: “Die Blockchain ist eine der derzeit prominentesten technologischen Entwicklungen weltweit und entfaltet eine Dynamik, die sich weiter beschleunigen wird. Tatsächlich finden sich immer mehr reale Anwendungen in einer Reihe von Branchen, allen voran im Finanzsektor. Für die Finanz- und insbesondere für die Vermögensverwaltungsbranche ist es jetzt an der Zeit, sich mit der Technologie auseinanderzusetzen.”

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Habe ich Vorteile dank der Blockchain?

Die Blockchain ist vollkommen transparent und konsistent, sicher vor Manipulation, schnell und kostengünstig. Und: Es gibt sehr viele potentielle Anwendungsmöglichkeiten. Denn die Blockchain kann die unterschiedlichsten Transaktionen abbilden. Zudem braucht sie keine grosse Infrastruktur.

Was sind die Nachteile der Blockchain?

Die Verschlüssungsmechanismen machen die Blockchain sicher. Sie fordern aber auch enorme Rechnerleistungen. Das führt zu einem hohen Energieverbrauch. Die Blockchain braucht zudem einen schnellen Netzzugang. Und die riesigen Datenmengen bringen die Speicherkapazität der Server irgendwann an ihre Grenzen

Brauche ich die Blockchain?

Ja, wenn Sie zum Beispiel Auto-Tokens oder Kryptowährungen kaufen möchten. Letztlich profitieren aber alle, die sichere Transaktionen wollen, von Kryptowährungen und Blockketten: Verbraucher, Einzelhändler, Lieferanten. Oft unbewusst, weil die Krypto-Anwendungen im Hintergrund laufen. Die Krypto-Technologie ist neu. Die Zukunft wird zeigen, ob und in welchen Umfang sie sich durchsetzt.

Sabine Melichar

Redakteurin | MBA Universität Köln / San Diego State University
Schwerpunkte: Tokenisierung | Digitalisierung von Unternehmen | Berufsbildung | Gesellschaft

Sabine Melichar

Redakteurin | MBA Universität Köln / San Diego State University
Schwerpunkte: Tokenisierung | Digitalisierung von Unternehmen | Berufsbildung | Gesellschaft