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Mit Tokens nachhaltig in Bäume investieren

Das polnische Start-up “Smart Forest” will die Blockchain-Technologie nutzen und Bäume tokenisieren. Investoren können schon Summen ab 40 Euro in Baumplantagen anlegen. Was sich finanziell lohnen soll, könnte auch dem Klima helfen: Schliesslich binden Bäume das Treibhausgas CO2.

“Die auf dem Smart-Forest-Marktplatz erhältlichen Investitionsbäume sind nicht nur Bäume, sondern vor allem hochsichere Vermögenswerte”, sagt Iwa Pawlak, Mitgründerin des jungen Unternehmens Smart Forest. Dessen Idee: Ein “Non fungible token” (NFT) dient während der gesamten Lebensdauer eines Baumes als digitales Eigentums- und Echtheitszertifikat.

Bäume kaufen dank Tokenisierung

NFTs sind nicht austauschbare Token und beruhen auf der Blockchain-Technologie. Diese könnte somit dazu beitragen, dass selbst Kleinanleger in die Forst- und Agrarwirtschaft investieren können. Und nicht wie bis anhin nur reiche Wald- und Grundbesitzer, der Staat oder Grosskonzerne. “Selbst Menschen mit geringem Einkommen, die derzeit von vielen Investitionsmöglichkeiten ausgeschlossen sind, können Bäume kaufen und Gewinne erzielen”, so Pawlak. Die Einstiegshöhe für Investitionen in Baumplantagen sinkt durch die Tokenisierung der Bäume von vielen Tausend Euro auf wenige Euro.

Paulownia: Schnell wachsend und vielseitig

“Wir führen eine detaillierte Due-Diligence-Prüfung der Gartenbaufirmen durch, mit denen wir zusammenarbeiten”, erläutert Iwa Pawlak. “Wir prüfen nicht nur deren Erfahrung und Kompetenzen, sondern auch das gesamte Geschäftsmodell, das mit einer bestimmten Art von Bäumen verbunden ist.” Bislang besteht das Smart-Forest-Angebot allerdings nur aus einer einzigen Baumgattung: “Paulownia” heisst sie und stammt aus Ostasien. Paulownia sei ein schnell wachsender Baum mit starkem Hartholz und hoher Entzündungstemperatur, begründet Smart Forest seine Wahl. Das Pawlownia-Holz sei dabei rund 30 Prozent leichter als jedes handelsübliche Hartholz. Zudem könne man es vielseitig verwenden, zum Beispiel für Sperrholz, Möbel, Musikinstrumente oder Boote.

Tokenisierte Bäume in einer Paulownia-Plantage mit zwei Forstarbeitern.
Tokenisierung ganzer Wälder? Paulownia-Bäume in einer Smart Forest-Plantage.

Am Verkauf der Bäume partizipieren

Smart Forest hat die Pflanze, die auch unter dem Namen Kiri-Baum oder Blauglockenbaum bekannt ist, vor allem nach wirtschaftlichen Kriterien ausgesucht. “In erster Linie sind wir ein Marktplatz für forstliche Investitionsmöglichkeiten”, so Pawlak. Das Wirtschaftsmodell von Paulownia-Plantagen sei bereits etabliert.

Tatsächlich haben schon andere Unternehmen solche Plantagen zur Grundlage ihres Geschäftes gemacht:

  • Eines davon ist die Greenwood International AG in der Schweiz. Dieses Unternehmen hat 2012 unter dem Namen “treeme” ein Projekt entwickelt, das es ab 2016 mit Paulownia-Grossplantagen verwirklichte. Grundgedanke: “Wir bieten Privatpersonen an, nach Ernte der Bäume beim Verkauf des Holzes am Erfolg zu partizipieren”, erläutert Wolfgang Göse, Präsident des Grennwood International Verwaltungsrates.
  • Ein anderes Beispiel: 2018 pries die deutsche “PLAN 8 Cathaia Invest GmbH” die Paulownia-Plantagen in Bulgarien als Investment an. Der entsprechende Fonds sei voll platziert und kein neues Angebot verfügbar, heisst es inzwischen auf der Internetseite Gruene-Geldanlage.com.

Auch Menschen mit geringem Einkommen können dank der Tokenisierung Bäume kaufen und Gewinne erzielen.

Iwa Pawlak, Mitgründerin von Smart Forest.

Ökologisch wertvolle NFT-Bäume

Iwa Pawlak sieht neben dem wirtschaftlichen Wert der Paulownia-Anpflanzungen auch den ökologischen: “Ein Hektar gut gepflegte Plantage kann aufgrund ihrer hohen Produktivität bis zu 30 Hektar Naturwald einsparen. Ganz zu schweigen davon, dass Paulownia aufgrund des schnellen Wachstums mehr CO2 neutralisiert als jeder andere Baum.” Da ist etwas dran: So wurde Paulownia in der deutschen Fernsehsendung “Galileo” als Klimaheld bezeichnet.

Günstige Tokens dank Plantagen in Rumänien

Die bisher von Smart Forest angebotenen Paulownia-Bäume sind Teil von Plantagen im Süden Rumäniens, nahe Bukarest, in der Grossen Walachei. Dort ist Land sehr günstig zu erwerben, was geringe Preise für die einzelnen Tokens als Gegenwert eines Baumes ermöglicht. Zudem sind dort gemäss Smart Forest die klimatischen Verhältnisse so, dass Paulownia-Bäume besonders schnell wachsen.

Internet-Marktplatz seit 2020

Iwa Pawlak und Alex Rudometov haben Smart Forest Anfang 2019 gegründet. Im Mai desselben Jahres nahmen die beiden am Acceleratorprogramm der InnoWerft teil, einem Gründerzentrum aus Walldorf in Deutschland. Der Internet-Marktplatz von Smart Forest ist seit August 2020 online. Künftig will das Unternehmen sein Angebot erweitern – sowohl auf andere EU-Länder als auch auf andere Baumarten. So sei man derzeit laut Iwa Pawlak dabei, mögliche Gartenbau-Partner in Bulgarien zu prüfen. Ausserdem suche man nach Bäumen, die nicht nur wegen ihres Holzes interessant sind, sondern auch aufgrund ihrer Früchte, Öle oder Rinde.

Blockchain für Sekundärmarkt integrieren

Noch ist die Blockchain-Technologie nicht in die Smart-Forest-Internetplattform integriert. NFTs sind nicht erhältlich. Das soll sich Ende diesen Jahres oder Anfang 2022 ändern. Erst danach ist auch ein vertrauenswürdiges Register auf der Webseite von Smart Forest verfügbar. Dort sind dann die bisher gekauften Bäume und die jeweiligen Investoren aufgeführt. “Die Schaffung eines ganzen Marktplatzes mit einem Sekundärmarkt auf Basis der Blockchain-Technologie ist keine leichte Aufgabe”, räumt Iwa Pawlak ein. Trotzdem verweist sie bei der Frage nach den bisherigen grössten Herausforderungen nicht auf die Technik oder die Finanzen, sondern auf die rechtlichen Hürden. Noch haben nur wenige Länder im Umgang mit NFTs Regeln aufgestellt, die für Rechtssicherheit sorgen.

Die Vorteile tokenisierter Bäume

  • Das NFT ist das digitale Zertifikat eines Baumes. Es ermöglicht Handelsvorgänge, die mit einem Baum ansonsten nur schwer oder gar nicht möglich wären.
  • Es lassen sich zum Beispiel Baum-Tokens an jemand anderen übertragen. Den realen Baum müsste man dafür ausgraben und transportieren.
  • Schäden am Baum lassen sich verhindern. Gerade ein mehrere Jahre alter Baum würden einen Transport nicht überstehen.

Der digitale Zwilling, den Smart Forest mittels NFT erschafft, lässt sich problemlos weitergeben oder verkaufen. Durch die Verwandlung des Baumes in einen Token, so hoffen Pawlak und Rudometov, wird der reale Baum in fast jeder Phase seines Wachstums zu einem liquiden Vermögenswert. Käufer eines Tokens sollen über die GPS-Koordinaten des realen Baumes, sein Pflanzdatum, und über CO2-Kompensation und geschätzten Holzpreis informiert werden.

Keine eigene Kryptowährung

Hinter NFTs steht wie bei Kryptowährungen die Blockchain-Technologie. Doch während Bitcoins und ökologisch-orientierte Kryptowährungen wie EcoCoins untereinander alle gleich sind, wird ein NFT durch den Eintrag in einer Blockchain zum Original. “Wir werden keine eigene Kryptowährung ausgeben. Die Idee hinter unserem Projekt ist, so stabil zu sein, wie Waldinvestments sein können”, betont Iwa Pawlak. Ihr Unternehmen hat sich ökologische und finanzielle Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Trotzdem strebt das Unternehmen für Investoren, die vom Setzling bis zur Verwertung eines Baumes dabeibleiben, eine jährliche Rendite von 8 Prozent an.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Kann ich kontrollieren, wo mein tokenisierter Baum steht?

Ja. Käufer von Baum-Tokens können über die GPS-Koordinaten genau sehen, wo ihr Baum steht. Zudem sollen Investoren das Pflanzdatum des realen Baumes erfahren sowie die CO2-Kompensation und den geschätzten Holzpreis.

Muss ich ein Wald-Spezialist sein, um in Baum-Tokens zu investieren?

Nein. Die Auswahl an Baum-Tokens ist klein. Zurzeit gibt es eine einzige Baumart, die tokenisiert erhältlich ist. Es braucht die Überzeugung, dass mit Plantagen etwas fürs Klima und die CO2-Reduktion getan werden kann. Dann macht ein Baum-Investment über Tokens Sinn.

Gefahr für die Artenvielfalt?

Festzustellen bleibt, dass der Unternehmensname Smart Forest ("Intelligenter Wald") etwas in die Irre führt. Denn dem polnischen Startup geht es nicht um tokenisierte Natur oder Natur- und Mischwälder, sondern Plantagen. Deren ökologischer Wert ist umstritten, manche Umweltaktivisten bezeichnen sie gar als "grüne Wüsten". Insbesondere gefährden sie die Artenvielfalt. Eine massive, weltweite Ausweitung der Anbauflächen für Energiepflanzen könnte die Lebensräume von Wirbeltieren ähnlich negativ beeinflussen wie der Klimawandel: Dies hat eine Studie von Forschenden aus Frankfurt, München und Durham 2018 gezeigt. Ökologisch problematisch sind Plantagen vor allem dann, wenn artenreiche Naturwälder für sie weichen müssen.

Dr. Frank Frick

Wissenschaftsjournalist & Redakteur | promovierter Chemiker
Schwerpunkte: Wissenschaft | Umwelt | Chemie | Energie

Dr. Frank Frick

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