“Schade, dass man Wein nicht streicheln kann”, soll der deutsche Schriftsteller und Journalist Kurt Tucholsky einmal gesagt haben. Der Genuss eines edlen Tropfens wird ihn zu dieser Aussage verleitet haben. Und damit ist er auch heute nicht alleine. Wein ist auch in Österreich so populär wie nie. Jährlich konsumiert man in Österreich durchschnittlich 238 Millionen Liter Wein. Den Grossteil (137,0 Mio. Liter oder 57,5%) schenken die Gastronomie oder Eventveranstalter aus.
Solide Wertsteigerungen bei Weininvestments
Neben dem Genuss setzen allerdings immer mehr Menschen auf Wein als Investment. Dann nennt sich der Genuss Fine Wine Investment und hat vor allem seltene und teure Weine im Blick. Denn diese versprechen Aussicht auf eine solide Wertsteigerung. In den vergangenen Jahren durchaus mit Erfolg. Laut aktuellem Jahresreport der Londoner Wein-Börse Liv-Ex haben sich Weininvestments im Corona-Jahr 2020 als sehr stabil erwiesen. Sie waren weniger volatil als die Aktienmärkte und konnten zum Jahresende ein Plus von fünf Prozent verbuchen.
Tokens erleichtern den Marktzugang
Zwei Faktoren begünstigen die Entwicklung und Stabilität von Wein als Investment. Nur rund ein Prozent der weltweit produzierten Weine eignen sich nach Expertenschätzungen als Wertanlage. Gleichzeitig wächst der Bedarf an sicheren und rentablen Sachwerten. Das macht den Markt der Fine Wine Investments für viele Anleger interessant. Ohne Fachkenntnisse und Zugang zu den relevanten Märkten können österreichische Investoren kaum von den Vorteilen profitieren. Zudem gelten Weininvestments als wenig liquide Form der Geldanlage. Wer sein eingesetztes Kapital jederzeit schnell verfügbar haben will, ist bei klassischen Fine Wine Investments nicht gut aufgehoben. Digitale Weininvestments über Tokenisierung und Blockchain können das ändern. Vor allem auch private Investoren erhalten damit neue Anlagemöglichkeiten.
Blockchain ermöglicht das Fine-Wine-Investment
Grundlage dafür ist die Blockchain-Technologie, mit der sich verbriefte Eigentumsrechte an Sachwerten in viele kleine Teile zerlegen lassen. So ist es möglich, Teilhaber einer wertvollen Flasche Wein zu werden. Und zwar ohne diese im Keller aufzubewahren oder jemals in Augenschein zu nehmen. Der Anteil an einer tokenisierten Flasche Wein oder einem tokenisiertem Wein-Portfolio ist ein sogenannter Non-Fungible Token oder kurz NFT, mit dem die Eigentumsrechte nachgewiesen werden. Diese digitalen Eigentumsnachweise lassen sich in der Wallet, dem digitalen Depot, aufbewahren. NFTs sind immer verrückter und teurer. Sie bezeichnen einen einzigartigen Vermögenswert, der nicht reproduzierbar ist. Dieser Wert muss nicht digital sein, sondern eindeutig identifizierbar – so wie beispielsweise eine spezielle Flasche Wein. Ein Wein-Token ist also immer mit einem physisch vorhandenen Portfolio eindeutig identifizierbarer Weine verbunden.
Schweizer Gesetz schafft rechtlichen Rahmen
In der Schweiz ist die Fine Wine Capital AG vorgeprescht und hat zusammen mit der Sygnum AG in einem ersten Schritt einen Château Latour tokenisiert. Es war das erste Weininvestment im Einklang mit dem neuen Schweizer DLT-Gesetz (Distributed Ledger Technologie). Damit schaffte man einen rechtlich verbindlichen Rahmen, damit sich Eigentumsrechte digital verwalten und übertragen lassen können. Dies ist für das Tokenisieren von Sachwerten erforderlich. Ähnlich wie bei Finexity waren auch die ersten Wein-Token bei Sygnum innerhalb kurzer Zeit verkauft.
Auswahl entscheidet über die Rendite
Mit dem Tokenisieren von Wein hat sich für Anleger ein Marktsegment erschlossen, das bislang eher vermögenden Kunden zur Verfügung stand. So kann man auch mit geringem finanziellen Einsatz die eigene Vermögensplanung um diesen Baustein erweitern und diversifizieren. Doch Sachwerte wie Weine haben ihre Besonderheiten. Diese haben auch dann noch Gültigkeit, wenn sich das Investitionsvolumen auf viele Schultern verteilt.
Zu den wichtigsten Aspekten beim Investieren in tokenisierten Wein gehören:
- Nur wer aus der Fülle angebotener Weine die Perlen finden kann, wird am Ende mit einer Rendite belohnt. Das ist für den normalen privaten Anleger kaum möglich. Deshalb sollten sie darauf achten, nach welchen Kriterien ein Token-Anbieter seine Weine auswählt.
- Finexity hat beispielsweise ein Netzwerk an erfahrenen Weinkennern und Experten gebildet, deren Urteil in die Auswahl einfliesst. Von ganz besonderer Bedeutung ist aber die Bewertung von international anerkannten Wein-Kritikern wie Robert Parker und Antonio Galloni. Ihr Urteil kann über Aufstieg und Fall eines Weines entscheiden und hat somit einen unmittelbaren Einfluss auf die Rendite. Für das Fine-Wine-Investement sind vor allem Weine interessant, die über einen Punktwert von mindestens 90 bis 95 (hervorragender Wein), besser aber einen Wert von 96 bis 100 (ausserordentlicher Wein) verfügen.
- Anleger in Österreich sollten aber auch auf die Tradition einer Weinmarke achten. Weingüter, die immer wieder hochwertige Weine produzieren, geniessen beim späteren Verkauf eine höhere Wertschätzung als einmalige Ausreisser.
- Ist die Auswahl erst einmal getroffen und die Weine befinden sich im Besitz des Emittenten, müssen sie dauerhaft fachgerecht gelagert werden. Relevant sind hierbei etwa die Raumtemperatur (10° bis 12°) und der Feuchtigkeitsgehalt der Luft (65% bis 85%). Der Grund ist einfach: Auch wenn Wein-Investments nicht zum Verzehr gedacht sind, so müssen sie trotzdem trinkbar bleiben. Nur dann ist die Werthaltigkeit gesichert. Erkennbar schlecht gelagerte Weine können ihren Wert vollständig verlieren – damit ist auch das eingesetzte Kapital weg.
- Diese aufwendige Lagerung verursacht Kosten. Anleger sollten deshalb auch auf die Nebenkosten achten, die mit dem Fine Wine Investment verbunden sind. So lassen sich Risiken und Fehler bei der Geldanlage vermeiden.
Risiken beachten: Diebstahl und Fälschung
Von ebenso grosser Bedeutung sind die Aspekte Diebstahlschutz und Fälschungssicherheit. Vor allem die Echtheit von Weinflaschen sicherzustellen, ist inzwischen zu einer grossen Herausforderung für Weingüter wie Investoren geworden. Denn mit den hohen Renditen kamen auch immer mehr gefälschte Weine auf den Markt. Zu den bekanntesten Fälschungen gehört eine Flasche Château Lafite, angeblich aus dem Jahr 1787 und aus dem Weinkeller des US-amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson. Tatsächlich handelte es sich um eine Abfüllung aus den 1960er-Jahren. Von anderen wertvollen Weinen waren mehr Flaschen im Umlauf, als jemals abgefüllt wurden. Emittenten von Wein-Token sichern sich deshalb heute über lückenlose Steckbriefe und Echtheitszertifikate ab.
Digitale Marktplätze schaffen Transparenz und Flexibilität
Lukrative Investments in ausgewählte Sachwerte wie Kunst, Oldtimer-Tokens oder eben Wein waren zuvor nur schwer zugänglich. Entsprechend bot man sie nur wohlhabenden Kunden an, die für längere Zeit auf ihr investiertes Kapital verzichten konnten. Das ändert sich mit dem Tokenisieren von Weinen. Die Markteintrittsbarrieren sind abgesenkt, vor allem weil das Investment schon ab einigen Hundert Euro möglich ist. Ein bedeutender Vorteil besteht allerdings darin, dass die Tokens handelbar sind. Wie auch bei Kunst-Tokens schafft das grosse Transparenz, Vertrauen und Sicherheit.
Finexity hat dazu einen ausserbörslichen Marktplatz für tokenisierte Assets geschaffen. Anleger können nach der Registrierung mit wenigen Klicks Token kaufen und wieder verkaufen. Zusätzliche Informationen zu den angebotenen Tokens und deren Performance machen es den Anlegern einfach, ihre Investmententscheidung zu treffen. Ganz ähnlich arbeitet die Sygnum Bank mit ihrem Marktplatz Desygnate, der zudem durch die Orientierung am neuen DLT-Gesetz grösstmögliche rechtliche Sicherheit bietet.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Wie bei anderen Investments auch sind Gewinne nicht sicher. Die prognostizierte Wertentwicklung könnte nicht eintreffen. Dadurch kann die Rendite deutlich niedriger ausfallen und sogar der Totalverlust drohen. Ebenso wichtig ist die technische Sicherheit. Deshalb muss man die digitalen Schlüssel sicher aufbewahren. Nutzen Sie dafür sehr sichere Passwörter und vergessen sie diese nicht. Ist der Zugriff nicht mehr möglich, ist der Verlust des Tokens unwiederbringlich.
Investitionen in Wein-Token sind rechtlich bislang noch eine Art Schuldverschreibung. Das bedeutet, der Emittent haftet beispielsweise für Zinszahlungen, sofern man diese vereinbart hat. Er kann diese aber auch aussetzen, ebenso wie die Tilgung zum vereinbarten Endtermin. Das geht meist einher mit der Insolvenz des Emittenten. In diesem Fall bekommen Anleger ihr eingesetztes Kapital nur zurück, wenn zuvor andere Gläubiger bedient wurden. Eine solche Situation kann zum Totalverlust des Investments führen.
Ein Investment in hochwertige Weine zielt vor allem auf eine Wertsteigerung ab. Die bisher verfügbaren Wein-Token sind mit einem prognostizierten Ablaufdatum versehen. Dieses legt fest, wann die Weine verkauft werden sollen. Zeiträume von 10 bis 15 Jahren sollten Anleger dafür einkalkulieren. In der Zwischenzeit profitieren die Anleger von den mutmasslich erwirtschafteten Überschüssen. Über die digitalen Marktplätze lassen sich die Tokens jederzeit verkaufen, sofern man einen Käufer findet.
Ein Vorteil der tokenisierten Weininvestments sind die deutlich niedrigeren Kosten. In der Regel verrechnen Verkaufsplattformen nur geringe Verwaltungsgebühren. Eventuell kommen noch Kosten für die Wallet auf den Anleger zu. Anbieter wie Finexity verlangen keine Gebühren für die Aufbewahrung der Token.
Erste Wein-Tokens sind auf dem Mark
Mit der zunehmenden Popularität von NTFs in den vergangenen zwölf Monaten wurden auch hochwertige Weine zum Objekt der Begierde. Im März launchte das in Hamburg ansässige Fintech Finexity AG das erste europäische digitale Fine Wine Investment. Sieben Flaschen des Weinguts Domaine de la Romanée-Conti aus dem Burgund umfasste das Angebot. Mit Nebenkosten wurden diese für knapp 42.000 Euro eingekauft und in 43.500 Token a 1 Euro aufgeteilt. Investoren mussten mit mindestens 500 Token einsteigen. Inzwischen sind fünf weitere Fine Wine Investmentprojekte dazugekommen. Anleger können in die französischen Weingüter Domaine de la Romanée-Conti, Château Lafite Rothschild, Le Pin, dem kalifornischen Weinanbauer Opus One und das Champagnerhaus Salon Le Mesnil investieren.