Decentralized Finance (kurz: DeFi) war und ist der neue grosse Trend nach den ICOs. Selbstständige, freie Handelsplattformen, wo Nutzer peer-to-peer mit anderen Nutzern traden können. Ein Mittelsmann ist dabei nicht notwendig. Schnell erlebte der DeFi-Sektor einen Boom, es entstanden neue Blockchains und DeFi-Anwendungen. Neulinge auch in der Schweiz treffen jedoch auf viele unbekannte Begriffe und Funktionen. Stück für Stück gehen wir im folgenden die grundlegenden Aspekte durch.
Was genau ist Decentralized Finance?
Bitcoin ist ein Peer-to-Peer-Netzwerk auf der Basis seiner eigenen Blockchain. „Peer-to-Peer“ bedeutet folgendes:
- Nutzer tauschen direkt miteinander Bitcoins (BTC).
- Die Coins gehen von einer Adresse zur anderen, ohne dass dabei ein Mittelsmann, eine zentrale Bank oder ein Zahlungsunternehmen notwendig wäre.
- Alle Vorgänge finden auf der Blockchain statt und zwar so, wie der transparent zugängliche Code es bestimmt.
Erweitert durch Smart Contracts
Dieses Prinzip wurde später dank Ethereum um Smart Contracts erweitert. Zusammengefasst handelt es sich dabei um programmierte Verträge, die ihre Funktionen von selbst durchführen. Sie prüfen Wenn-Dann-Funktionen und agieren selbstständig je nach ihrer Programmierung. Auch hier braucht es keinen Mittelsmann. Da dauerte es nicht lange, bis diese Konzepte zur Entstehung von unabhängigen, dezentralen Marktplätzen führten. Auf DeFi-Plattformen können die Nutzer mehr machen als nur Coins und Tokens zu versenden. Sie können diese untereinander handeln, Kryptowährungen verleihen, anlegen und Zinsen verdienen.
Wie funktioniert Decentralized Finance?
In den meisten Fällen handeln Sie noch immer über den Browser. Die meisten DeFi-Protokolle verfügen über eine Webseite und Webansicht. Hier melden Sie sich mit Ihrer Wallet an und verbinden diese mit der Plattform. Fortan nutzen Sie die Bestände in der Wallet für den Handel. Viele DeFi-Plattformen bauen auf Ethereum auf, weswegen Sie auf Ethereum-basierte Browser-Wallets zurückgreifen können. MetaMask ist zum Beispiel eine gute Wahl, wofür bereits eine Anleitung zur Verfügung steht. Je nach Plattform lassen sich auch Hardware-Wallets anschliessen.
Welche DeFi-Plattformen gibt es?
Der Hype um DeFi hat zur Entstehung von einer Vielzahl von DeFi-Plattformen geführt. Viele von ihnen bauen auf Ethereum auf oder sind Ethereum-basierte Side-Chains. Zu den Grundlagen des DeFi gehört es, sich einen Überblick zu verschaffen. Hier sind nur ein paar der grösseren Plattformen aufgelistet:
Aave: Bei Aave (LEND) handelt es sich um einen Liquiditäts-Markt speziell für das Leihen von Kryptowährungen. Kreditnehmer nutzen die Coins und Tokens für ihre Trades. Aave erlaubt Kreditgebern ein passives Einkommen durch die Einnahme von Zinsen. Die eigene Kryptowährung nennt sich LEND und fungiert als Governance-Token.
Uniswap: Uniswap (UNI) ist ein DeFi-Protokoll für den Austausch von Ether (ETH) und anderen ERC20-Tokens. Im Mittelpunkt steht also die Umwandlung von einem Ethereum-Token in andere.
SushiSwap: SuchiSwap (SUSHI) basiert auf dem Code von Uniswap und bietet daher im Grunde dieselben Funktionen. Jedoch können Nutzer Liquiditäts-Pools mit dem eigenen Token erstellen.
Curve Finance: Eine weitere Ethereum-basierte DeFi-Plattform, diesmal mit einem Fokus auf den Handel mit Stable Coins. Hier lassen sich Kryptowährungen wie USDT, DAI, USDC, BUSD, REN, sBTC handeln. Weiterhin bestehen Brücken zu Compound, so dass sich die gehaltenen Tokens als Liquidität bereitstellen lassen. Wo wir von Compound reden …
Compound: Compound (COMP) ist eine Ethereum-basierte Plattform für das Leihen von Tokens. Bei den Tokens handelt es sich um c-Tokens, besondere ERC20-Tokens, welche stellvertretend für die eigentliche Kryptowährung stehen. So etwa cETH, cDAI, cWBTC (Wrapped Bitcoin) oder cUSDC.
MakerDAO: Diese Plattform ist einer der frühen Vertreter des DeFi. Auch hier geht es in erster Linie um die Vergabe von Krypto-Krediten. Es gibt zwei Tokens: Der Dai-Token ist ein Stable Coin auf der Basis des US-Dollars, während der MKR als Governance-Token dient.
yearn.finance: Neben den Krypto-Krediten ermöglicht yearn.finance (YFI) auch das Yield Farming. Nutzer können damit Zinsen verdienen, indem sie ihre Investitionen breit streuen. Das Yield Farming gilt als besonders ertragreich, doch dazu später mehr.
PancakeSwap: Hierbei handelt es sich um einen „Automated Market Maker“ (AMM), der schnelle, automatische Swaps von Tokens ermöglicht. Weiterhin lassen sich Zinsen mit dem Liquidity Farming verdienen. Die Basis für PancakeSwap (CAKE) ist die Binance Smart Chain. Man handelt also BEP20-Tokens.
Serum: Serum ist eine dezentrale Exchange (DEX) auf der Solana-Blockchain. Dennoch ermöglicht es den Handel mit ERC20-Tokens. Serum verfügt über Cross-Chain-Support und den eigenen Token SRM. Der Token dient wiedermal der Governance auf dem Netzwerk.
Begriffe im Decentralized Finance erklärt
Sobald Sie sich näher mit DeFi beschäftigen, werden Sie unweigerlich auf einige Begriffe treffen. Viele davon stammen aus dem Bereich der Finanzen, doch so manche sind ein Produkt der Krypto-Welt. Ein Verständnis der Terminologie ist notwendig, um die Grundlagen des Decentralized Finance zu verstehen:
- Automated Market Maker (AMM): Ein AMM beschreibt ein auf Smart Contracts basierendes Protokoll für DeFi. Dieses führt automatisch Handelspartner zu einander, indem es die besten Trades findet. Neben dem Trading verwendet man sie auch für Liquidity Pools. Im Grunde ist ein AMM ein Handelsbot.
- Collateralized Loans: Bei einem „besicherten Kredit“ hat der Kreditnehmer mehr Zeit, den Kredit einzusetzen. Dafür muss er allerdings eine Sicherheit einsetzen. Die Sicherheit wird in einem Smart Contract hinterlegt.
- Flash Loans: Hierbei handelt es sich um eine besonders schnelle Art des Krypto-Kredits. Auszahlung und Rückzahlung des Kredits handelt man in einem Block ab. Dafür muss der Kreditnehmer keine Sicherheit hinterlegen.
- Lending: „Lending“ beschreibt schlicht das Verleihen von Kryptowährungen mittels Krypto-Krediten. Auf DeFi-Plattformen erhalten Sie dafür Zinsen in Form von weiteren Kryptowährungen, zum Beispiel dem nativen Token.
- Liquidity Mining: DeFi-Plattformen verfügen nicht über eigenes Kapital. Dafür sind sie auf die Liquidität der Nutzer angewiesen. Beim sogenannten „Liquidity Mining“ stellen Nutzer selber Liquidität in Form von Kryptowährungen bereit und erhalten dafür Zinsen in Form von Kryptowährungen.
- Non-custodial: Einer der Vorteile von DeFi ist es, dass Sie jederzeit die Kontrolle über Ihre Gelder haben. Darum sind die Plattformen „non-custodial“. Die Verantwortlichen verfügen nicht über Ihre Kryptowährungen, wenn Sie diese für DeFi-Funktionen nutzen. Im Gegensatz etwa zu einer Bank, bei der die Bank Zugriff auf Ihre Gelder erhält, sobald Sie ein Konto eröffnen.
- Yield Farming: Das ist der Name für eine Strategie, bei der man die Investition über verschiedene DeFi-Plattformen und Märkte streut. Dadurch sollen sich hohe Renditen verdienen lassen. Beim Yield Farming zahlen Sie Kryptowährungen in einen Smart Contract ein, der diese anschliessend auf verschiedenen Märkten anlegt. Im Grunde bieten Yield Farmer den Plattformen Liquidität an. So hoch die Renditen auch sein können, so sehr steigt auch das Risiko. Yield Farmer kennen sich häufig sehr gut mit Ethereum und DeFi-Plattformen aus.
Vor- und Nachteile von Decentralized Finance
Nicht umsonst hat sich besonders im Jahr 2020 ein Hype um DeFi entwickelt. Trader versprechen sich vor allem schnelle Transaktionen vorbei an regulären Brokern und Börsen. Jedoch ist dieses Konzept nicht frei von Fehlern.
Die Vorteile von DeFi
- Schnelle und günstige Transaktionen, da keine Drittparteien mitverdienen
- Jeder mit einem Internetzugang und etwas Startkapital kann mitmachen
- Transparenz: Alles steht im Code der Blockchain, keine Hintertüren oder Fallstricke
- Automatisierung: Die Funktionen und Mechanismen sind nicht auf das menschliche Zutun angewiesen, alles geschieht so, wie im Smart Contract festgeschrieben
Die Nachteile von DeFi
- Skalierbarkeit: Ein häufiges Problem bei den Blockchains, bei einem zu hohen Transaktionsaufkommen stockt das Netzwerk und Trades werden langsamer ausgeführt
- Liquidität: DeFi-Plattformen sind auf die Liquidität der Nutzer angewiesen. Sollte diese ausbleiben, dann fehlt es an Coins und Tokens für Auszahlungen und Trades
- Keine Verantwortlichen: Es besteht kein Rechtsschutz und es gibt auch keine Verantwortlichen, bei denen man sich im Falle eines Schadens melden könnte
- Fehler und Betrug: Blockchains werden von Menschen programmiert und sind daher nicht perfekt. Bugs und Exploits können dazu führen, dass Nutzer ihre Krypto-Bestände verlieren
Risiken des Decentralized Finance
Die DeFi-Plattformen bieten viele Chancen, vor allem für jene, die keinen Anschluss an traditionelle Finanzmärkte finden. Doch sollten sich Interessierte über die Gefahren im Klaren sein. Das Fehlen einer Drittpartei und die Automatisierung aller Vorgänge sorgen für einige Unsicherheiten. Schwächen im Code der Blockchains können das Einfallstor für gehackte Krypto-Bestände darstellen. Im April 2020 führte ein Exploit im Code von Uniswap zu einem Verlust von 25 Millionen US-Dollar. Mögliche machte das ein Bug beim ERC777-Tokenstandard. Mit dem Launch von Uniswap 2.0 wurde der Exploit behoben, solche Risiken bleiben jedoch.
Ein weiterer Coup gelang einer Gruppe von Hackern im Februar 2022. Diese machte sich einen Exploit bei Solana zunutze, welche wiederum über Brückenfunktion mit Ethereum verbunden war. Dabei erbeuteten sie Kryptowährungen im Wert von 320 Millionen US-Dollar. Das es jedoch auch anders geht, zeigt ein Vorfall aus dem August 2021. Ein Hacker erbeutete 610 Millionen US-Dollar vom Poly Network, zahlte die Summe jedoch nach und nach zurück.
DeFi und Steuern
Die Besteuerung von Kryptowährungen ist und bleibt ein komplexes Thema. Neue Möglichkeiten, mit ihnen Geld zu verdienen, entwickeln sich schneller als der Fiskus nachkommt. Nicht immer bestehen bereits einheitliche Regelungen. Gewinne und Verluste werden jedoch auf jeden Fall versteuert (oder müssen zumindest in der Steuererklärung angegeben werden). Bei Fragen wenden Sie sich am besten an die Behörden.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
DeFi-Plattformen sind zwar öffentlich und dezentral, jedoch gibt es Entwickler, welche auch einen Nutzen aus ihrer Schöpfung ziehen wollen. Diese halten häufig einen gewissen Anteil am nativen Token der Plattform. Wenn dieser im Wert steigt, dann verdienen die Halter daran.
Wenn die Coins und Tokens einmal weg sind, dann gibt es in der Regel nichts mehr, das man machen kann. Bewahren Sie daher nur Kryptowährungen, die Sie demnächst verwenden wollen, in der Wallet auf.
Ähnlich wie beim Staking oder Mining können die möglichen Renditen weit auseinander gehen. Das hängt vom DeFi-Protokoll und davon ab, welche Funktionen Sie nutzen. Versprochen werden Renditen von wenigen Prozenten bis zu über 10 %.