Die Digitalisierung macht auch vor klassischen Währungen nicht halt. Die Verbreitung digitaler Zahlungsmittel bietet Konsumenten und Kunden von Banken einen zusätzlichen Nutzen. Digitale Währungen stehen jedoch in einer unmittelbaren Wechselwirkung mit dem Zahlungsverkehr. Dies wirft wichtige Fragen auf – und zwar sowohl für Banken, Behörden, aber auch für Konsumenten. Deshalb ist auch die Schweizerische Bankiervereinigung “Swiss Banking” gefragt, wenn es um die Lancierung eines digitalen Schweizer Frankens geht. “Wir setzen uns mit möglichen Implikationen digitaler Währungen auseinander und verfolgen den rapiden Umbruch des Zahlungssystems”, schreibt “Swiss Banking” auf ihrer Webseite.
Start des Helvetia-Projekts
Und es geht tatsächlich etwas: Im Jahr 2020 startete unter der Federführung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) das Projekt “Helvetia”. Im Zentrum stand der Erwerb von tokenisierten Wertpapieren. Als Zahlungsmittel fand dabei ein digitaler Franken Verwendung. Die Abwicklung der Transaktionen erfolgte über Digitalbörse “SIX Digital Exchange” (SDX) statt, die sich noch im Aufbau befindet. Ein wichtiges Projektergebnis ist, dass die Abrechnung von tokensierten Vermögenswerten mit einer digitalen Währung zumindest im Rahmen des designten Projekts mit hinreichender Effizienz funktioniert.
Erstmaliger Test des digitalen Schweizer Frankens
Das 2021 initiierte Projekt “Jura” baut auf den Erkenntnissen von Helvetia auf. Der Fokus ist hier aber noch internationaler, wie die Vizepräsidentin der am Projekt beteiligten Französischen Nationalbank, Sylvie Goulard, betont: “Wir freuen uns sehr, gemeinsam mit der Schweizerischen Nationalbank und dem BIZ Innovation Hub unter dem Namen Jura ein wichtiges Experiment zur grenzüberschreitenden Abwicklung in Angriff zu nehmen.” Der Projektname verweist auf das zwischen der Schweiz und Frankreich liegenden Gebirge. Die Abwicklung der Kreditgeschäfte erfolgt ausschliesslich mit digitalen Währungen. In diesem Zusammenhang testen die Beteiligten erstmalig den digitalen Franken (“E-Franken”) und den digitalen Euro im Rahmen des internationalen Zahlungsverkehrs. Am Projekt sind zahlreiche Partner beteiligt. Dabei handelt es sich zunächst um eine Reihe von öffentlichen Einrichtungen. Die wichtigsten Akteure sind:
- BdF Banque de France (Französische Nationalbank)
- BIZ (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich)
- SNB (Schweizerische Nationalbank)
Zudem spielen auch privatwirtschaftliche Unternehmen eine wichtige Rolle. Dazu zählen:
- Credit Suisse (Schweizer Grossbank)
- Naxitis (Investmentbank der französischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken)
- R3 (Blockchain-Softwarentwickler)
- SIX Digital Exchange (Digitalbörse)
- UBS (Schweizer Grossbank)
SNB sicherte sich die Namensrechte
Die SNB hat mit dem digitalen Schweizer Franken offensichtlich noch viel vor. Jedenfalls hat sich das Institut Ende 2020 die entsprechenden Namensrechte gesichert. Beim Schweizer Patentamt hat die SNB nicht nur den Begriff “Digitaler Franken” und “Digitaler Schweizer Franken”, sondern auch “E-Franken” als Marken eintragen lassen. Der Markenschutz soll sich insgesamt auf mehr als ein Dutzend Versionen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch erstrecken.
Für uns Menschen bringt eine tokenisierte Währung wenig Nutzen, sie wird für die Maschinen wichtig sein.
Prof. Der. Philipp Sandner, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management
Kann ich mit dem E-Franken bezahlen?
Die Schweizer Regierung möchte die Digitalisierung vorantreiben, dabei aber Wertschöpfung, Wachstum und Wolstand sicherstellen. Der digitale Franken existiert zwar in technischer Hinsicht schon im Rahmen der skizzierten Praxistests. Doch Noten und Münzen dürften als primäres Zahlungsmittel weiterhin im Einsatz bleiben. Schweizer Bürger werden mit dem digitalen Schweizer Franken nicht bezahlen können. Das liegt daran, dass es sich dabei um eine besondere Form des digitalen Zentralbankgeldes handelt. Genannt “Central Bank Digital Currency” oder kurz: CBD. Das sogenannte “Wholesales CBDC” dient nur zur Abwicklung von Zahlungsvorgängen von Finanzinstitutionen wie Banken. Ziel ist die Schnelligkeit und Effizienz von Transaktionen zu erhöhen. Konsumenten können diese “Wholesales CBDC” jedoch nicht verwenden und fortan nicht mit dem digitalen Schweizer Franken bezahlen.
Warum erhalten Schweizer keine E-Franken?
Bankinstitute wie Sygnum oder Märki Baumann sind in der Schweiz im Token- und Kryptogeschäft mit dabei. Mit dem GNU-Taler gibt es vielversprechende Projekte. Trotzdem verzögert sich die Einführung eines E-Frankens – die Bezahlung mit digitalen Franken scheint in weiter Ferne. Der “Franken-CBDC” bzw. „Wholesale CBDC“ ist nicht für die Bürger gedacht. Handelt es sich aber wenigstens um einen wichtigen Schritt zum E-Franken für Schweizer Konsumenten? Die Antwort auf diese Frage dürfte Fans eines möglichen “Retail CBDC” – also einer für die breite Masse nutzbaren Digitalwährung – enttäuschen. Denn laut Andréa Maechler, Direktorin der SNB, ist die Einführung eines für Konsumenten verwendbaren digitalen Frankens durch die Schweizerische Nationalbank “nicht geplant”. Dies erklärte sie gegenüber Medien.
Gefährdung der finanzellen Stabilität
Zur Begründung verweisen Experten der SNB auf eine mögliche Gefährdung der finanziellen Stabilität, die von der Digitalwährung ausgehen könnte. Zudem könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft durch eine tokenisierte Digitalwährung leiden. Einige Fachleute relativieren sogar den möglichen Nutzen für Konsumenten, um mit i. So erklärt Philipp Sandner, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management: “Für uns Menschen bringt eine tokenisierte Währung wenig Nutzen, sie wird für die Maschinen wichtig sein.”
Kommt denn die „Wholesale CBDC“?
Die Projekte Jura und Helvetia sollen die Machbarkeit der “Wholesale CBDC” belegen. Die positiven Testergebnisse erhöhen zwar die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann zu einer solchen Einführung kommt. Diese wird allerdings kein Selbstläufer, wie Andréa Maechler gegenüber Medien betont: “Die Tests bedeuten nicht, dass die SNB nun eine eigene Digitalwährung ausgeben wird.” Die Tests seien laut Aussagen der SNB-Direktorin lediglich “exploratorischer Natur”.
CBCDs liegen im Trend
Die Schweiz ist längst nicht das einzige Land, das sich derzeit verstärkt mit digitalen Zentralbankwährungen befasst. Fast neun von zehn der von der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) befragten 65 Nationalbanken sollen dich derzeit mit Projekten oder Studien zu diesem Thema befassen. Das ist eine kräftige Zunahme von rund einem Drittel gegenüber der letzten, aus dem Jahr 2017 datierenden Befragung. Allerdings sehen es sechs von zehn Umfrageteilnehmern genau wie die SNB: Sie halten die kurz- oder sogar mittelfristige Einführung des E-Frankens für unwahrscheinlich.
Andere Staaten fortschrittlich bei Digitalwährung
Einige Länder haben bereits eine Digitalwährung für die Bevölkerung ausgegeben oder planen das zumindest für die nahe Zukunft. Amerika plant den digitalen Dollar. Nicht weit weg vor der Küste Floridas tut sich auch etwas: Die 389.000 Einwohner der Bahamas können beispielsweise mit dem Sand Dollar digital einkaufen. Die von der Central Bank of the Bahamas ausgegebene Digitalwährung soll es im unterentwickelten Staat mehr Menschen ermöglichen, Finanzdienstleistungen zu nutzen. Aber auch in China sind die 2014 begonnenen Entwicklungen für eine Digitalwährung (Digital Currency Electronic Payment) weit fortgeschritten. Derzeit testen bereits mehrere Regionen den digitalen Yuan. Experten halten einen flächendeckenden Start bereits 2022 für möglich. Das Beispiel Schweden zeigt allerdings potenzielle Probleme bei der Einführung von Digitalwährungen. Hier hatte die Reichsbank bereits vor drei Jahren grundsätzlich die Schaffung der sogenannten E-Krona ermöglicht. Doch politische und technische Schwierigkeiten haben das Projekt ausgebremst.
Digitale Innovation ist unbestritten
Fintech ist auch im Banking angesagt: Die Schweizerische Bankiervereinigung “Swiss Banking” bestreitet trotz kritischer Stimmen nicht, dass die Zukunft digital ist. “Digitale Innovation treibt die Finanzplätze in Singapur und in der Schweiz an”, sagt August Benz, Leiter Private Banking und Asset Management von Swiss Banking. “In Zukunft werden digitale Währungen und andere elektronische Zahlungsmittel wichtige Bestandteile der Digital Economy sein”, heisst es auf der Webseite weiter. Es sei nicht eine Frage ob, sondern wann und in welcher Form sie eingeführt und breit verwendet werden. Denn: “Sie bieten einen klaren sozialen und wirtschaftlichen Mehrwert.” Damit ist wohl auch ein Schweizer Digital-Franken gemeint. Ein modizifierter Zahlungsverkehr werde künftig kanalunabhängige und grenzüberschreitende Instant-Payment Möglichkeiten bieten müssen.
Wann kommt der digitale Euro?
Eigentlich sollte der digitale Euro bereits 2022 starten. Doch viele Experten rechnen nicht vor 2026 mit der Einführung. Er soll als virtuelles Konstrukt Bezahlungen in Echtzeit ermöglichen. Konsumenten profitieren durch ein höheres Mass an Sicherheit – besonders bei hohen Transaktionssummen. Nutzer benötigen nach heutigem Stand allerdings ein Konto bei der Zentralbank. Hier sollen Geschäftsbanken Hilfestellung leisten. Weitere Informationen zum digitalen Euro.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Die Abkürzung SNB verweist auf die Schweizerische Nationalbank. Das 1906 gegründete Institut ist als unabhängige Zentralbank für die Geld- und Währungspolitik der Schweiz verantwortlich. Deswegen fällt auch die Einführung von digitalen Währungen in ihren Aufgabenbereich. Die SNB soll stets im Interesse der Schweiz handeln.
Der in der bisherigen Form zu Testzwecken geschaffene E-Franken ist speziell für Finanzinstitutionen entwickelt. Diese sollen damit Zahlungsvorgänge effizienter abwickeln. Konsumenten können diese Form von CBDC nicht nutzen, um damit einkaufen oder zu bezahlen. Deswegen bleiben Ihnen auch mögliche Vorteile der Digitalwährung verwehrt.
Das Kürzel CBDC steht für Central Bank Digital Currency. Dabei handelt es sich um digitales Zentralbankgeld. Zu unterscheiden sind hierbei Wholesale CBDC und Retail CDBC. Erstere dienen Finanzinstitutionen zur Zahlungsabwicklung. Letztere könnten auch Konsumenten zum Einkaufen und Bezahlen nutzen.