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Achtung Steuerfalle: Teures Staking und Lending!

Am Krypto-Markt droht eine Steuerbombe zu platzen: Ethereum (ETH), die zweitgrösste Kryptowährung am Markt, stellt demnächst vom sogenannten «Mining» auf «Staking» um. Damit greifen über Nacht neue deutsche Steuergesetze – mit horrender Kostenfolge für Tausende von Anlegern.

Staking und Lending sind zwei Begriffe aus der Kryptowelt, die jeder Käufer von Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH) oder Ripple (XRP) kennen sollte. Denn einerseits lässt sich damit die Rendite erhöhen. Andererseits drohen dabei auch hohe Steuerzahlungen. Doch noch ist wenig bekannt zur Frage, wie Anleger die Gewinne von Staking und Lending versteuern müssen. Wir klären auf und geben Investoren Steuer-Tipps für den Handel mit Kryptowährungen.

Längere Spekulationsfrist bei Lending

Kryptowährungen sind bisher bis auf wenige Ausnahmen keine offiziellen Zahlungsmittel wie der US-Dollar oder der Euro. Verleihen kann man sie aber trotzdem. Der Fachbegriff dafür heisst “Lending”. Er kommt aus dem Englischen: to lend = verleihen. Und so, wie man beim Verleihen von Geld Zinsen bekommt, gibt es auch beim Lending eine Rendite.

Lending: Es gilt der persönliche Steuersatz

Die Rendite entsteht zum Beispiel dadurch, dass diejenigen, die sich Kryptowährungen leihen, damit handeln. Oder sie spekulieren auf den Fall einer Währung. Oder kaufen mit den geliehenen Kryptos Optionen – ähnlich wie beim Handel mit Aktien. Der Unterschied: “Weil Kryptowährungen in Deutschland eben keine Zahlungsmittel sind, handelt es sich beim Lending um ein Sachdarlehen”, erklärt Matthias Steger. Er ist Steuerberater in Potsdam und schult als Dozent seine Kollegen und Anleger rund um das Thema “Steuern und Kryptowährungen”. Die Rendite der Verleiher rechnet man darum den so genannten sonstigen Einkünften zu. Auf diese fällt keine Abgeltungssteuer an, sondern der mitunter deutlich höhere persönliche Steuersatz. Hinzu kommt: “Weil man mit den verliehenen Coins Einkünfte erzielt, erhöht sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre”, so der Kryptoexperte. Entsprechend ist die Rendite erst nach zehn Jahren steuerfrei. Wer früher verkauft, muss Steuern darauf bezahlen. Ohne Lending liegt die Spekulationsfrist bei nur einem Jahr.

Tipp des Krypto-Steuerberaters

Tauschen Sie Kryptogeld in Stablecoins (Englisch: Stable = stabil, Coin = Münze). Deren Preis ist durch spezielle Mechanismen an den Wert des US-Dollar oder des Euro gebunden. “Dadurch gibt es weniger Wertschwankungen. Sie sind so gering, dass es lukrativ ist, Lendingerträge mitzunehmen – obwohl sich die Spekulationsfrist auch hier auf zehn Jahre erhöht”, sagt Steuerexperte Matthias Steger.

Mögliche Ausnahmen beim Lending

Mindestens eine Ausnahme könnte es beim Lending aber geben. Sie betrifft den Bitcoin. Denn er ist seit 2021 offizielles Zahlungsmittel in El Salvador. Darum müsste für den Bitcoin eine Spekulationsfrist von einem Jahr gelten, selbst wenn man ihn 2021 erstmals verliehen hat. Ausserdem fielen dann auf die Rendite 25 Prozent Abgeltungssteuer beim Verkauf an, nicht der persönliche Steuersatz. “Dazu gibt es aber bislang keine offizielle Stellungnahme”, so Steger. Eventuell gilt diese Regelung auch schon für 2020 und auch für Ethereum. Denn der Kanton Zug in der Schweiz akzeptiert seit 2020 beide Währungen als Zahlungsmittel für Steuern und Gebühren.

Modelle bei der Ausgabe neuer Coins

  • BTC Mining: Neue Coins per Mining. Sie verwässern den Wert aller bisherigen Coins. Regel sagt, Miner bekommt die gesamte Block Reward.
  • DASH Mining: Neue Coins per Mining. Regel sagt: 45% der Block Reward bekommt der Miner, 45% die Masternodes, 10% werden zurückgelegt.
  • XRP: Alle Coins wurden bereits in einem Prozess geschaffen. Sie werden Stück für Stück verkauft.
  • Staking: Neue Coins verteilt man entsprechend dem Staking Konsens.
Steuertipps für Krypto-Investoren
Staking und Lending verändern die Steuerpraxis – wir geben Tipps für die Steuern.

Staking: Steuerpflichtig – oder auch nicht

Noch komplizierter ist die Situation beim Staking. Dieser Prozess beschreibt wie auch Mining die Schaffung neuer Coins. Staking ist also eine Alternative zum Mining und soll weniger Energie verbrauchen. Somit gilt Staking als die nachhaltigere Variante. Wer als Staker aktiv ist, bekommt dafür eine Gegenleistung, Block Reward genannt.

Steger vergleicht die Coin-Schaffungs-Möglichkeiten mit einem Aktiensplit: Es kommen mehr Coins auf den Markt, dadurch sinkt der Wert der einzelnen Coins. „Staking ist also eine Art Verwässerung“, sagt der Kryptoexperte. Bei der steuerlichen Einschätzung dieses Prozesses gehen die Meinungen auseinander:

  • Für die Finanzbehörden ist Staking aufgrund der Gegenleistung aus heutiger Sicht ein steuerpflichtiges Einkommen. Das hat zur Folge, dass sich die Spekulationsfrist für die eigenen Coins auf zehn Jahre verlängert. Die erzielte Rendite ist also erst dann steuerfrei, wenn man die Coins mindestens zehn Jahre lange hält. Wer vorher verkauft, zahlt auf die Rendite Steuern. Ausserdem gelten die Coins als „sonstige Wirtschaftsgüter“. Somit beträgt die Steuer nicht wie bei Aktien oder Anleihen 25 Prozent Abgeltungssteuer. Stattdessen fallen bei ihrem Verkauf Steuern in Höhe des oftmals höheren persönlichen Steuersatzes an.
  • Die Kryptobranche sieht das anders: “Letztendlich handelt es sich nur um einen Prozess nach festgelegten Regeln”, sagt Matthias Steger. “Es geht um die Ausgabe neuer Coins, bei denen es verschiedene Modelle gibt. Selbst wenn jemand auf den Block Reward verzichten wollte, würde das nicht gehen. Die Regel sieht vor, dass er eine Gegenleistung bekommt.” Die Ausgabe dieser neuen Coins entspricht eben der Verwässerung. Dementsprechend gilt keine verlängerte Spekulationsfrist.
Portrait Matthias Steger,  Steuerberater und Diplom-Betriebswirt in Potsdam

Wer eine Wallet hat, sollte einen Blick in die Einstellungen werfen. Wer kein Staking möchte, kann es dort unter Umständen ausschalten

Matthias Steger, Krypto-Steuerexperte und Diplom-Betriebswirt in Potsdam

Staking betrifft viele Krypto-Investoren

Wer die Frage nach der richtigen Definition für unnötig hält, sollte wissen: Es sind mehr Besitzer von Kryptowährungen betroffen, als viele denken. “Das Problem ist, dass viele im Prinzip versehentlich zum Staking gekommen sind”, sagt Steger. Denn es gibt einige Coins wie beispielsweise Cardano (ADA) und Wallets, die automatisch vorsehen, dass der Besitzer sich am Staking beteiligt. Für BTC oder ETH gilt dies jedoch nicht.

Tipp des Krypto-Steuerberaters

“Wer eine Wallet hat, sollte einen Blick in die Einstellungen werfen”, sagt Matthias Steger. “Wer kein Staking möchte, kann es dort unter Umständen ausschalten”. Das geht jedoch nicht immer: “Die NEO Wallet beispielsweise ist immer mit Staking verbunden”, so Steger. Manche Wallets bieten auch eine Pro-Version mit Staking und ein kostenloses Angebot mit eingeschränkten Funktionen und ohne Staking an.

Ethereum: Bei Staking drohen hohe Steuern

Noch bedeutender wird die Diskussion werden, wenn Ethereum ab 2022 auf Staking statt Mining setzt. Denn Ethereum ist nach Marktkapitalisierung nach Bitcoin die zweitgrösste Kryptowährung. Die Änderung  kann bedeuten, dass alle, die ETH-Coins besitzen, sich plötzlich mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Werden sie alle automatisch zu Stakern, bedeutet das, dass ihre Coins über Nacht eine Spekulationsfrist von zehn statt einem Jahr haben werden. Bei einem vorzeitigen Verkauf sind dann also Steuern in Höhe des persönlichen Steuersatzes fällig – der auch mal 35 Prozent betragen kann.

Tipp des Krypto-Steuerberaters

“Verkaufen Sie rechtzeitig alle Ethereum-Coins, die sie seit mindestens einem Jahr halten”, sagt Krypto-Steuerexperte Matthias Steger. “Denn sobald die Coins ins Staking gehen, wird für sie die Zehn-Jahres-Frist gelten. Ab diesem Zeitpunkt ist ihr Verkauf nicht mehr wie bisher nach einem Jahr steuerfrei, sondern erst nach zehn Jahren.” So sparen Ethereum-Besitzer unter Umständen hohe Steuern. Die Coins kauft man im Anschluss neu. Für sie gilt dann die Spekulationsfrist von zehn Jahren.

Ein Steuer-Beispiel zu Ethereum und Staking

Wer zum Beispiel im März 2019 Ethereum gekauft hat, hat dafür pro Anteil rund 140 Euro bezahlt. Im Oktober 2021 liegt der Preis bei rund 4100 Euro. Diese Rendite ist bei einem Verkauf nach einer Haltefrist von mindestens einem Jahr steuerfrei. Nach der Umstellung auf Staking könnte ihr Verkauf innerhalb von zehn Jahren mit dem persönlichen Steuersatz belegt werden. Bei beispielsweise 35 Prozent oder mehr wären das also mindestens 14.350 Euro Steuern.

Was die FDP damit zu tun hat

Die FDP hatte sich im Bundestagswahlkampf 2021 für die Weiterentwicklung von Kryptowährungen ausgesprochen. Der neue Finanzminister Christian Lindner wird sich an diesen Aussagen messen lassen müssen. Insofern dürfen Kryptowährungsbesitzer in Deutschland gespannt sein, wie sich die derzeit noch ungewisse Situation entwickelt.

Bleibt es dabei, dass die Steuerbehörden Staking als Einkommen einschätzen, die Kryptoinvestoren das aber anders sehen, müssen eventuell die Gerichte entscheiden. Dazu müsste sich zunächst ein Kläger finden. “Die Besitzer von Kryptowährungen sind oftmals verschwiegen”, sagt Matthias Steger. “Viele wollen nicht, dass man einen Rückschluss auf ihr Vermögen ziehen kann. Bei einem Gerichtsprozess würde aber vieles öffentlich”. Hinzu kommt: “Die Frage ist, ob man als Kläger gewinnen würde”, sagt Steger. Denn sonst kann solch ein Prozess sehr teuer werden.

Tipp des Krypto-Steuerberaters

Besitzer von Kryptowährungen, die auch als Staker aktiv sind, sollten ihre Projekte genau beobachten. “Das gilt vor allem für das so genannte Liquidity Mining auf dezentralen Finanzen, also DeFi”, sagt Kryptoexperte Matthias Steger. “Dafür sollte man ein Tracking-Tool benutzen”. Denn wenn Börsen wegfallen, kann die Aufarbeitung dieser Prozesse sehr aufwändig werden. “Mit einem Tracking-Tool wie Accointing, Cointracker oder Koinly ist man bei Nachfragen der Finanzbehörde auf der sicheren Seite.”

Fein raus bei Bison oder Bitcoin.de?

Wer übrigens keine eigene Wallet hat, sondern Kryptowährungen über Plattformen wie Bison oder Bitcoin.de kauft und verkauft, beteiligt sich nicht am Staking. “Das ist noch ein sicherer Hafen”, sagt Matthias Steger. Allerdings gibt er zu bedenken: “Dafür verzichtet man auch auf ein nettes, passives Einkommen. Das gilt auch fürs Lending.”

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Was ändert sich aus steuerlicher Sicht bei Lending?

Wer Kryptowährungen verleiht, also Lending betreibt, hat steuerlich gesehen „sonstige Einkünfte“. Das Finanzamt belegt sie mit dem persönlichen Steuersatz. Ausserdem liegt die Spekulationsfrist für diese Coins bei zehn Jahren.

Wie sieht es bei Staking mit der Steuerpflicht aus?

Dazu gibt es noch keine offizielle Stellungnahme. Die Finanzbehörden gehen beim Staking von einem zu versteuernden Einkommen aus. Die Kryptobranche sieht in den Block Rewards nur die Umsetzung einer Regel, die keine steuerlichen Folgen haben sollte.

Wie viele Besitzer von Kryptowährungen betrifft Staking?

Viele. Denn einige Coins und Wallets machen die Besitzer automatisch zu Stakern. Wer das nicht möchte, muss entweder in der Wallet die Einstellungen ändern oder sich eine andere Wallet beziehungsweise Währung suchen.

Bettina Blass

Wirtschaftsjournalistin & Redakteurin | Verbraucherspezialistin
Schwerpunkte: Wirtschaft | Verbraucherschutz | Internet

Bettina Blass

Wirtschaftsjournalistin & Redakteurin | Verbraucherspezialistin
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