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Markt für tokenisierte Immobilien: die Liste der Anbieter

Von einer Revolution ist die Rede, wenn es um die Tokenisierung von Immobilien geht: geringere Kosten, niedrigere Einstiegshürden, schnellere Abwicklung. Doch wie sieht die Realität aus? Die Hamburg Commercial Bank und das Blockchain Center der Frankfurt School of Finance and Management haben den Markt in einer Studie untersucht.

Wieviele Anbieter von Immobilien-Tokens gibt es? Zu dieser Frage liegen nun erstmals Zahlen vor. Ermittelt hat sie die Hamburg Commercial Bank (HCOB) und das Blockchain Center der Frankfurt School of Finance and Management (FSBC). Die Ende September 2021 veröffentlichte Studie zeigt folgende Resultate:

  • Auf Platz 1 der Rangliste befinden sich die USA. Dort gibt es laut Studie 13 Unternehmen, welche Immobilien tokenisieren und auf dem Markt anbieten.
  • In Deutschland sind es sechs, in der Schweiz vier.
  • Auf die Top 3 folgen Grossbritannien mit drei und Luxemburg und Estland mit jeweils zwei Anbietern.
  • In elf anderen überwiegend europäischen und asiatischen Ländern bietet jeweils ein Unternehmen ein Investment in tokenisierte Immobilien an.

Intransparenter Markt für tokenisierte Immobilien

“Allerdings ist der Markt sehr intransparent”, erklärte Jonas Groß bei der virtuellen Pressekonferenz zur Vorstellung der Studie. “So war die Zahl der Projekte nicht einsehbar, nur die Zahl der Anbieter.” Die Studie hält fest, dass der Markt noch überschaubar ist: Die Zahl der Projekte pro Anbieter beläuft sich auf eine bis vier tokenisierte Immobilien. “Ausreisser sind Unternehmen wie Exporo und Finexity, die mit 14 respektive 10 tokenisierten Immobilien Vorreiter der Szene sind”, schreiben die Experten in der Studie. Beide Unternehmen sitzen in Deutschland. Übrigens wurde in der Bundesrepublik auch die erste Immobilie Europas tokenisiert – und zwar vom Berliner Finanzdienstleister Brickblock in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden.

Anbieter in der Schweiz und Deutschland

Folgende Firmen sind in Europa, insbesondere in der Schweiz und Deutschland führend bei der Tokenisierung von Immobilien.

Schweiz: Swissreal Coin, Blockimmo, Brickmark, Fundamenta Group Deutschland: Bloxxter, Exporo, KlickOwn/iFunded, Finexity, RTX21

Diese Aufzählung stellt keine Anlageempfehlung dar. Prüfen Sie vor einem Investment den Anbieter genau!

Für wen sind Immo-Tokens interessant?

Es scheint fast ironisch, dass ausgerechnet Deutschland auf dem Markt für tokenisierte Immobilien ein solcher Vorreiter ist: Im Digital Riser Report 2021 des European Center for digital Competitivness in Berlin liegt Deutschland auf Platz 38. Das ist der vorletzte Platz vor Albanien. Die Schweiz liegt auf Platz 24.

Geht es um Geldanlage an sich, ist der Deutsche auch eher konservativ:

  • So investieren nach Informationen des Deutschen Aktieninstituts nur 12,4 Millionen Bürger überhaupt in Aktien, das entspricht 17,5 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren.
  • Von den Schweizern investieren 27 Prozent der vom Online-Vergleichsdienst moneyland.ch Anfang des Jahres Befragten in Aktien.

An der Studie beteiligt waren europäische Blockchain- und Token-Spezialisten.

Vier Gründe für den Token-Kauf

Immerhin: Zu den deutschen Aktionären gehören seit 2020 rund 600.000 Anleger unter 30 Jahren. Das entspricht einer Steigerung von 70 Prozent zum Vorjahr, heisst es in der Pressemeldung. Sie könnten nach Aussagen der Experten der Hamburg Commercial Bank auch diejenigen sein, die sich am ehesten für den Markt tokenisierter Immobilien interessieren. “NFT-, Oldtimer-, Diamanten-Token – diese Anlageformen sprechen besonders jüngere Menschen an”, sagt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HCOB bei der Pressekonferenz. Wer heute Tokens eines Oldtimers kaufe, könne sich morgen für eine Immobilie interessieren.

Vor- und Nachteile des Investments

Es gibt einen zweiten Grund, warum sich gerade jüngere Menschen für diese Form der Anlage interessieren könnten: Ihnen ist häufig bewusst, dass sie für ihr Alter selbst vorsorgen müssen. Aber ihr Geld reicht oft nicht, sich aussichtsreiche Wertpapiere zu kaufen. Tokenisierte Immobilien gibt es jedoch schon für sehr geringe Einstiegssummen. So haben Anleger zumindest die Chance, mit wenig Geld ein Vermögen aufzubauen. “Eine Immobilie lässt sich so fraktionieren, dass Investoren auch mit sehr kleinen Beträgen einsteigen können”, sagt Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Centers. Denkbar sind sogar Beteiligungen im einstelligen Eurobereich. Exporo beispielsweise bietet laut Studie auch Investments ab 100 Euro an, die in Ein-Euro-Schritten erhöht werden können. Die Renditespannen der Anbieter liegen bei zwei bis etwa 20 Prozent, heisst es in der Studie weiter. Also deutlich höher als beispielsweise auf Tagesgeld gezahlte Zinsen.

Risiken und rechtliche Unsicherheiten

Das allerdings geht auch mit einem entsprechenden Risiko einher. So müssen Anleger akzeptieren, dass

  • es noch rechtliche Unsicherheiten gibt,
  • das Grundbuch noch nicht digitalisiert in der Blockchain liegt,
  • ein falsch programmierter Smart Contract zu einem Verlust der Token führen kann und
  • es zu Abstimmungsproblemen unter den Stakeholdern kommen kann, wenn das Projekt in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Trotzdem ist sich Sandner sicher: “Es wird weniger Probleme geben. Aber das dürfte noch ein wenig dauern. Es ist eine Menge Potenzial vorhanden – eine Revolution scheint sich anzubahnen.”

Tokenisierte Immobilien – eng und weit gefasst

Wer über tokenisierte Immobilien spricht, muss folgende Fälle genau unterscheiden:
  • In der engen Definition spricht man laut Jonas Groß, Projektmanager am Blockchain Center der Frankfurt School of Finance and Management von einer Immobilie, an der sich andere beteiligen. Sie übernehmen Rechte und Pflichten und sind somit wirklich (Mit-)Eigentümer des Gebäudes.
  • Die weitere Definition legt Wertpapiere zugrunde, die eine Immobilie betreffen. Hier hat der Investor Anspruch auf einen Teil des Cashflows und der Rendite der Immobilien-Tokens in Zusammenhang steht. Es gibt kurz- und langlaufende Token. Die kurzlaufenden stehen üblicherweise in Zusammenhang mit Entwicklungsprojekten, die langlaufenden mit Bestandsimmobilien.
Da für den ersten Fall bisher die gesetzlichen Rahmenbedingungen weitestgehend fehlen, ist der Markt für tokenisierte Immobilien derzeit dominiert von Investitionen in Aktien oder nachrangige Schuldverschreibungen.

Geschlossener Fond oder Crowdinvesting?

Die Studie unterscheidet bei Immobilien-Tokens drei Anlagemöglichkeiten unter anderem nach Kosten und Mindestbeteiligungen:
  • Immobilientoken: Mindestbeteiligung bei den untersuchten Projekten liegt zwischen 100 und 500 Euro. Anleger kann aufgrund der niedrigen Einstiegssummen in mehrere Objekte investieren und so sein Portfolio diversifizieren. Nachteil: Es gibt noch keinen grossen Sekundärmarkt, um die Token wieder zu verkaufen. Aber immerhin bieten viele Tokenisierer überhaupt einen Sekundärmarkt an.
  • Geschlossener Immobilienfonds: Mindestbeteiligung eher ab 5000 Euro, höhere Kosten als bei der tokenisierten Immobilie. Aufgrund der hohen Einsstiegssumme ist eine Diversifizierung nur schwer möglich. Wer stattdessen in einen offenen Fonds investiert, kann sich nicht gezielt einzelne Projekte aussuchen. Der Investor ist hier auf die Zusammenstellung durch den Fondsmanager angewiesen.
  • Crowdinvestment: Unterliegt in Deutschland Obergrenzen. Wird ausserdem dem Grauen Kapitalmarkt zugerechnet. Die Emission von Immobilientoken muss dagegen die BaFin genehmigen. Entsprechend könnten sich Anleger hier sicherer fühlen als bei einem Crowdinvestment.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Warum sind tokenisierte Immobilien als Anlageobjekt interessant?

Die Einstiegssummen sind deutlich niedriger als bei vielen anderen Investitionsmöglichkeiten. Gleichzeitig sind die Kosten niedriger und die Renditechancen höher als bei klassischen Anlageprodukten. Ausserdem sind Immobilien grundsätzlich ein interessantes Anlageobjekt in Zeiten steigender Inflation.

Wie erkennt man einen seriösen Anbieter von Immobilien-Tokens?

Wichtig ist, dass der Anbieter einen Sekundärmarkt hat, damit man seine Anteile auch wieder verkaufen kann. Sinnvoll ist ausserdem zu fragen, wie lange der Emittent bereits am Markt ist und welche Projekte er bereits realisiert hat. Hierzu sucht man im Internet nach den Erfahrungen anderer Anleger und Medienberichten. Außerdem sollte man einen Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen werfen.

Was ist bei Immobilien-Tokens der Sekundärmarkt?

Der Sekundärmarkt ist ein Handelsplatz, auf dem Investoren ihre Vermögensanteile (Tokens) wieder verkaufen können. Das ist beispielsweise dann wichtig, wenn Sie Geld benötigen: Mit Geld können Sie beispielsweise ein neues Auto kaufen, mit einem Anteil an einer Immobilie nicht. Doch wer eine Immobilie verkaufen will, muss eine Anzeige schalten, wird von potenziellen Käufern kontaktiert und braucht einen Notar. Bei Immobilientoken ist dieser Aufwand nicht nötig: Über den Sekundärmarkt finden Verkäufer und Käufer schnell und einfach zueinander und sparen Zeit und Bürokratie.

Bettina Blass

Wirtschaftsjournalistin & Redakteurin | Verbraucherspezialistin
Schwerpunkte: Wirtschaft | Verbraucherschutz | Internet

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