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Wie bezahle ich Steuern für Kryptos und Tokens?

Wie muss man eigentlich Gewinne von Kryptowährungen und tokenisierten Wertgütern versteuern? Wir nennen die geltenden Steuersätze in Deutschland, warnen vor Steuerfallen und geben Ihnen als Anleger wertvolle Steuer-Tipps.

Wenn die Kurse von Bitcoin, Ethereum und anderen Kryptowährungen in die Höhe schiessen, ist es verlockend, einen Teil der Anlage zu verkaufen. Schliesslich nimmt man dann einen Gewinn mit. Wer so handelt, denkt jedoch oft nicht weit genug: Denn Gewinne aus einem Investment in Kryptowährungen sind steuerpflichtig. Zumindest, wenn man sie vor weniger als einem Jahr gekauft hat.

Kryptos sind “Sonstige Wirtschaftsgüter”

Kryptos sind in Deutschland keine gesetzlichen Zahlungsmittel. “Sie zählen genauso wie beispielsweise Gold zu den so genannten sonstigen Wirtschaftsgütern”, sagt Matthias Steger. Der Steuerberater in Potsdam hat sowohl eine Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt (FH) als auch zum Diplom-Betriebswirt. Als Dozent schult er seine Kollegen und Anleger zum neuen Thema “Steuern und Kryptowährungen”. Das ist speziell im Steuerberaterverband Berlin Brandenburg wichtig. Schliesslich gilt Berlin als Kryptohochburg.

Persönlicher Steuersatz spielt eine Rolle

“Bei diesen sonstigen Wirtschaftsgütern gibt es eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Wer früher verkauft, zahlt entsprechend Steuern auf den Gewinn. Allerdings nicht in Höhe der Abgeltungssteuer von 25 Prozent”, so der Experte. “Sie gilt für Aktien und Anleihen. Bei den sonstigen Wirtschaftsgütern wird dagegen der Gewinn mit dem persönlichen Steuersatz belegt.” Das gilt auch, wenn die Anleger Kryptowährungen als Zahlungsmittel einsetzen, man also mit Kryptowährungen ein Produkt kauft. Dann entspricht der Preis des Produktes dem Verkaufspreis der Anlage im Sinne eines Spekulationsgeschäftes.

Buch führen über Käufe und Verkäufe

Dem Finanzamt muss man seine Veräusserungsgewinne nachweisen können. Das klappt nur, wenn man alle Käufe und Verkäufe belegen kann. Entsprechend genau sollte eine Übersicht sein. Sie ist umso wichtiger, wenn man regelmässig Kryptowährungen kauft. Denn sonst verliert man den Überblick, welchen Anteil der digitalen Währungen man schon wie lange hält. Es wird also bei einem Verkauf zwölf Monate nach dem ersten Kauf ein Teil steuerfrei sein, der andere noch nicht. Üblicherweise wird dabei die FIFO-Regel angewendet: First-In-First-Out. Also: Die Kryptos, die man zuerst kauft, sind die ersten, die man verkauft.

Tipp 1

Berechnen Sie den Gewinn, den Sie dem Finanzamt melden, wie folgt: Ziehen Sie vom Verkaufspreis der Kryptowährung den Kaufpreis und eventuelle Nebenkosten wie Provisionen ab. Tragen Sie ihn bei den “Sonstigen Einkünften” ein. Übrigens könnten Sie auch Verluste angeben. Sie verringern damit die Steuerlast.
Portrait Matthias Steger,  Steuerberater und Diplom-Betriebswirt in Potsdam

Wir befürchten, dass es noch etwa zehn Jahre dauert, bis es bei Kryptowährungen und Tokenisierung eine Rechtssicherheit gibt.

Matthias Steger, Steuerberater und Diplom-Betriebswirt in Potsdam

Steuern auf Gewinne mit tokenisierten Wertgegenständen

Gewinne machen kann man auch mit dem Kauf beziehungsweise Verkauf von tokenisierten Immobilien, Wein, Diamanten oder Oldtimer-Tokens. “Die Spekulationsfrist richtet sich dabei nach dem Gegenstand an sich”, erklärt Steger. “Ob er tokenisiert ist, spielt keine Rolle.” Als Investor kann man sich bei der Tokenisierung an folgende Steuervorgaben halten:

  1. Als Faustregel gilt: Was bewegt werden kann, hat eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Sie gilt also sowohl für ein Auto als auch für Tokens von Diamanten.
  2. Immobilien haben dementsprechend eine andere Spekulationsfrist. Hier gelten zehn Jahre. Ausnahme: Der Eigentümer wohnte mindestens im Jahr des Verkaufs und in den beiden Jahren zuvor selbst im Haus oder in der Wohnung.
  3. Auch bei Immobilien gilt für Spekulationsgewinne nicht die Abgeltungssteuer von 25 Prozent, sondern der persönliche Steuersatz.

Wie man private Gewinne versteuern muss

Tabelle zur Versteuerung von Kryptowährungen und tokenisierten Wertgütern

Anlageart
Besteuerung
Freibetrag
Aktien, Anleihen
25% *
Sparerpauschbetrag: 801 Euro
Kryptos, Tokenisierte
Werte, Devisen,
Gold, Schmuck
Persönlicher Steuersatz
600 Euro
aus allen privaten
Veräusserungsgeschäften
Quelle: Token InfoPort / *plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer

Die Steuerfallen bei digitalen Transaktionen

  • Staking, Mining und Masternodes: Neben der Einkommensteuer fällt beim Kauf und Verkauf unter bestimmten Bedingungen auch Gewerbesteuer an. Beispielsweise dann, wenn jemand Kryptowährungen selbst herstellt, also das Mining betreibt. Denn hierbei nimmt das Finanzamt üblicherweise ein Gewerbe an. Auch beim so genannten Staking (siehe Box) und bei Masternodes kann das Finanzamt ein Gewerbe unterstellen.

Tipp 2

Wenn Sie bei Staking, Mining und Masternodes aktiv werden wollen, sollten Sie sich vorher bei einem Steuerexperten informieren. Sonst mindern anfallende Steuern die erwartete Rendite überraschend schnell.
  • Wenn aus einer Gruppe von Anlegern eine GbR wird: Laut Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Matthias Steger spielt bei digitalen Transaktionen eine Rolle, wer handelt. “Kauft zum Beispiel eine Gruppe gemeinsam Kunst-Tokens von zehn Gemälden im Wert von 100 Millionen Euro, kann man dies als Galerie ansehen.” Eine Galerie ist jedoch ein Gewerbe – mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Und die Gruppe von Investoren wird durch ihr gemeinsames Handeln zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, also zu einer GbR. Damit sind Pflichten verbunden. Eine untergeordnete Rolle spiele, wie hoch die gehandelten Summen sind.

Tipp 3

Auch wenn man über entsprechende Plattformen schnell Kunst-Tokens kaufen kann: In diesem Fall sollten Sie nicht vorschnell handeln, nur weil das möglich ist. Die möglichen Konsequenzen können gravierend sein. Weil das Thema komplex ist, sollten Sie darum mit Experten sprechen.
NFT-Symbol auf der Computertastatur
NFTs sind schnell gekauft – wie aber muss ich einen Gewinn versteuern?
  • Kreditaufnahme bei Tokenisierung ist ein Gewerberisiko: “Ganz gefährlich ist es, wenn jemand einen Kredit aufnimmt, um in die tokenisierten Wirtschaftsgüter zu investieren”, so Steger. Denn sobald Kredite im Spiel sind, nimmt die Rechtsprechung ein Gewerbe an. “Das ist anders beim Kauf von Wertpapieren. Niemand zählt als gewerblicher Händler, nur weil er Wertpapiere dank eines Kredits kauft.”

Tipp 4

Als Privatanleger sollten Sie niemals ein Darlehen aufnehmen, um investieren zu können. Das gilt für Fonds genauso wie für Windräder, Container oder eben tokenisierte Wirtschaftsgüter. Sollte es gerade bei riskanten Geldanlagen zu einem Totalverlust kommen, müssen Sie den Kredit trotzdem zurückzahlen.
  • Vorsicht bei tokenisierten Immobilien: Auch bei Immobilien-Tokens gibt es Risiken. Etwa, als gewerblicher Grundstückshändler zu gelten. “Dann nämlich, wenn man mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren verkauft”, so Steuerexperte Steger. Sollte das Finanzamt ein Gewerbe annehmen und die Rechtsprechung dies bestätigen, wären Gewinne aus dem Verkauf dieser Tokens steuerpflichtig. Dies kann weitreichende Folgen haben: “Noch ist unklar, ob die Finanzverwaltung diese Tokens den Immobilien gleichstellt. Falls ja, stellt sich die Frage, ob die Verkäufe objektbezogen oder stückbezogen betrachtet werden.” Objektbezogen bedeutet: alle Coins einer Immobilie bei einem Verkauf sind ein Zählobjekt. “Anleger könnten einen Antrag auf verbindliche Auskunft beim Finanzamt stellen. Der ist allerdings kostenpflichtig”, so der Steuerexperte.

Tipp 5

Weil bei der Besteuerung von Immobilientoken noch so viel unklar ist, sollten Sie sich regelmäßig informieren, um auf dem Laufenden zu bleiben. Falls Sie viele Tokens kaufen beziehungsweise verkaufen, kann es sinnvoll sein, einen Teil der Rendite für spätere Steuernachzahlungen zurückzulegen.
  • Zinseinnahmen beim Kryptokredit: Lending oder Coinlending bedeutet, dass man Teile seiner virtuellen Währung einem anderen überlässt. Dieser vergütet die Überlassung. Dadurch bekommt man zusätzliche Einheiten der virtuellen Währung. Es ist also einem Kredit ähnlich: Wer Geld verleiht, bekommt dafür Zinsen. In einem solchen Fall erhöht sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre. Zinsen muss der Steuerpflichtige als “Sonstige Einkünfte” nach Paragraf 22 Nummer 3 Einkommensteuergesetz versteuern. Allerdings gibt es auch hier unterschiedliche Sichtweisen und dementsprechend Unsicherheit.

Sonderfall: Gewinne aus NFT-Kunst besteuern

Besonders kompliziert wird es im Bereich der Besteuerung von verkaufter NFT-Kunst: “Das ist noch ein ganz neues Feld”, sagt Krypto-Steuerexperte Steger.

  • Privatverkäufer müssen zwar keine Umsatzsteuer beim Verkauf eines NFT-Kunstwerkes berechnen.
  • Und nach einer einjährigen Haltefrist müssen sie auch keine Spekulationssteuer auf den Verkauf bezahlen.

“Die Frage ist jedoch, wo die Grenze zwischen Privatverkäufer und Gewerbetreibendem liegt”, sagt Steger. Wer als gewerblicher Händler oder Galerist gilt, muss unter anderem Umsatzsteuer auf ein Bild verlangen.

Ähnlich ist die Situation, wenn jemand im Rahmen eines NFT-Spiels wie Axie Infinity oder eines Computer- oder Handyspiels virtuelle Güter kauft und verkauft und Gewinne macht. Diese Frage ist jedoch nicht neu, sondern wurde erstmals vor einigen Jahren in Zusammenhang mit Second Life, einer virtuellen Parallelwelt, gestellt.

  • In diesen Fällen ist eine Besteuerung genauso möglich wie die Annahme eines Gewerbes.
  • Das sagt zumindest ein Urteil (8K 1565/18) des Finanzgerichts Köln. Das Verfahren ist jetzt beim Bundesfinanzhof (V R 38/19) anhängig.
  • Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt die Zusammenhänge in einem Video auf YouTube.

Steuerliche Rechtssicherheit erst in einigen Jahren

Auch wenn es erste Regelungen gibt, bedeutet das nicht, dass diese unveränderbar sind. Gerade bei Kryptowährungen wird sich noch einiges ändern müssen: “Im Kanton Zug in der Schweiz beispielsweise können Steuern in Kryptowährungen bezahlt werden”, so Steger. Und in El Salvador ist Bitcoin Zahlungsmittel. “Das wird auch auf Deutschland Auswirkungen haben. Schliesslich macht das aus den Kryptowährungen eine echte Fremdwährung wie der US-Dollar oder der Yen”, sagt Matthias Steger.

Letztlich müssen vermutlich in vielen Fällen die Gerichte für Klarheit sorgen. Zwar hat das deutsche Bundesfinanzministerium im Juni 2021 einen Entwurf mit der Einordnung der Begriffe an die obersten Finanzbehörden der Länder verschickt. “Wir befürchten jedoch, dass es noch etwa zehn Jahre dauert, bis es diesbezüglich Rechtssicherheit gibt”, so Matthias Steger.

Unklare Steuersituation – Tipps für Anleger

  1. Die unklare Rechtslage nutzen, um die vergangenen Steuerjahre aufzuarbeiten. Hat der Anleger die vollständigen Steuerreports vorgelegt und das Finanzamt auf dieser Basis ohne Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt, kann man weiterhin ruhig schlafen. Falsch wäre, auf eine künftige bessere Regelung zu hoffen und nichts zu tun.
  2. Man sollte gegen jeden Steuerbescheid mit Krypto-Spekulationseinkünften Einspruch einlegen, weil derzeit von einigen Finanzgerichten bestritten wird, dass die Besteuerung verfassungsgemäss ist. Einen kostenlosen Mustereinspruch kann man in der neuen Kyptosteuerakademie von Steuerexperte Matthias Steger herunterladen.

Übrigens: Die EU arbeitet an Transparenzregeln für digitale Plattformen. Damit will man künftig Gewinne, die dort durch den Verkauf von Produkten oder durch Dienstleistungen entstehen, fair besteuern.

Wie hoch ist mein persönlicher Steuersatz?

Wie hoch der persönliche Steuersatz liegt, hängt natürlich vom Einkommen ab: Auf alles über rund 58.000 Euro zahlt man den Grenzsteuersatz von 42 Prozent. Spitzenverdiener zahlen sogar 45 Prozent. Alles unter einem Einkommen von rund 9700 Euro ist steuerfrei.

Steuerliche Bedeutung des Stakings

Proof of Stake, PoS oder Staking ist eine Alternative zum Mining. Dabei gibt der Algorithmus laut Finanzverwaltung vor, welcher Teilnehmer eines Blockchain-Netzwerks den nächsten Block erzeugen darf. Wer an der Reihe ist, verdient durch den neu hinzugefügten Block Geld. Laut Bundesfinanzministerium kann ein Staker Einkünfte aus sonstigen Leistungen haben. Die durch das Staking entstandenen virtuellen Währungen gelten als "angeschafft" und rechtfertigte darum eine längere Spekulationsfrist von zehn Jahren. Hier herrscht jedoch bisher keine Rechtssicherheit. Eine besondere Form des Stakings sind Masternodes. Wir haben über Staking ausführlich berichtet.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Muss ich in Deutschland Gewinne aus Kryptowährungen versteuern?

Ja. Wer die Anteile an Kryptowährungen nicht mindestens ein Jahr hält, muss die Gewinne mit dem persönlichen Steuersatz versteuern. Es gibt lediglich einen Freibetrag von 600 Euro pro Person.

Welches sind die Steuerfallen bei Kryptos und Tokens?

Es gibt für Anleger eine Vielzahl von Steuerfallen: Wer die Spekulationsfrist nicht beachtet, muss seine Gewinne versteuern. Gravierende Konsequenzen kann es ausserdem haben, wenn das Finanzamt Anleger aufgrund ihres Handelns als Gewerbetreibende ansieht. Je nach Objekt kann zudem Umsatzsteuer anfallen oder man muss entstehende Zinsen versteuern.

Ist die Rechtslage bei der Krypto-Besteuerung schon eindeutig?

Nein. Die Rechtslage zur Besteuerung steht noch am Anfang und ist in grossen Teilen umstritten. Möglicherweise wird die neue Bundesregierung hier für mehr Klarheit sorgen. Anleger sollten sich jedoch so früh wie möglich informieren und auch beraten lassen.

Bettina Blass

Wirtschaftsjournalistin & Redakteurin | Verbraucherspezialistin
Schwerpunkte: Wirtschaft | Verbraucherschutz | Internet

Bettina Blass

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