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Anleger aufgepasst: Die Risiken von Immobilien-Tokens

Die Blockchain-Technologie soll eine Investition in Immobilien günstiger, transparenter und leichter zugänglich machen. Doch die meisten Anlagen auf dem Markt sind in Wahrheit tokenisierte Schuldverschreibungen. Als Investor hat man nur wenig Rechte. Auch sonst sollten Sie die Risiken der Immobilien-Tokenisierung nicht unterschätzen.

Die Tokenisierung erlaubt es, eine Immobilie in viele kleine Anteile zu zerstückeln. Anleger in Deutschland können deshalb schon mit geringem Kapitaleinsatz ein Real Estate Portfolio aufbauen. Das geht zwar auch ohne Tokens mit offenen Immobilienfonds. Deren Nachteil: Sie sind wenig transparent, weil sie breit investieren. Was gleichzeitig ihr Vorteil ist. Denn das Risiko vermindert sich durch die Diversifizierung.

Investoren merken Mietzinseinbruch

Bei einem Real Estate Token Investment dagegen beteiligen sich Anleger an einer einzelnen Immobilie. Von der kennen sie dann zwar die exakte Adresse. Wenn die Mieteinnahmen ausbleiben, bekommen Investoren das aber auch direkt zu spüren: Der Retun of invest fällt wegen des Mietzinseinbruchs weniger gut aus.

Die Blockchain schützt nicht vor Schrottimmobilien

Ein weiteres, verbreitetes Argument für die Blockchain: Sie mache Investment-Transaktionen sicher. Es stimmt: Die Blockchain als dezentrales, digitales Buchungssystem speichert Daten so, dass man sie nicht manipulieren kann. Allerdings bewahrt Distributed-Ledger-Technologie Anleger nicht vor riskanten Fehlinvestitionen. Denn: Security Immobilien Token bilden Anteile an Immobilien-Vermögenswerten ab. Das heisst aber noch lange nicht, dass Haus oder Wohnung punkto Verwertungsmöglichkeit ihr Geld wert sind. Auch auf der Blockchain gibt es Schrottimmobilien. Auch deutsche Investoren sollten sich deshalb genau über die Rahmenbedingungen ihres Investments informieren. Dies gilt auch bei Diamanten-Tokens, Auto-Tokens oder beim Kauf von Kunst-NFTs.

Die Qualität der Wertanlage ist entscheidend

Verbraucherschützer geben zu bedenken, dass Anleger sich nicht von den technischen Vorteilen der Blockchain blenden lassen sollen. Es stimme, dass der technische Ablauf durch Digitalisierung vereinfacht und damit sicherlich auch von den Kosten her optimiert sei, sagt das Verbraucherschutzform. Das habe aber keine Auswirkung auf das eigentliche Projekt. “Bei Security Token muss man unterscheiden zwischen der technischen Abwicklung der Unternehmensfinanzierung und den Chancen und Risiken der Kapitalanlage”, sagt Niels Nauhauser, Vorsorge- und Kreditexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in der Welt. Privatanleger sollten sich ein Projekt deshalb immer sehr genau anschauen. Das Problem: In der Regel bringen sie nicht die Erfahrung und Expertise mit, die für eine korrekte Immobilienbewertung nötig ist.

Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte beim Institut der Deutschen Wirtschaft

Meist handelt es sich bei Immobilien-Tokens um Anteile an nachrangigen Schulden, was mit hohem Risiko verbunden ist.

Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte beim Institut der Deutschen Wirtschaft

Drei Fragen, auf die Sie Antworten haben sollten

Wie bei allen Investments kommt es auf die Qualität der Geldanlage an. Anleger sollten sich deshalb drei Fragen stellen:

  1. In welche Immobilie in welcher Lage investiere ich?
  2. Welches Risiko ist mit dieser speziellen Immobilie verbunden?
  3. Ist die in Aussicht gestellte Rendite der Immobilien-Tokens angemessen für das Risiko?

Anbieter warnen pflichtgemäss vor den Möglichkeiten eines Totalverlusts der Geldanlage. Anleger sollten das ernst nehmen. Denn die Risiken sind durchaus nicht nur theoretischer Natur. “Zumal es rechtlich schwierig ist, das Eigentum an Immobilien auf Tokens aufzuteilen”, sagt Prof. Dr. Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft. In den meisten Fällen investieren Anleger derzeit in tokenisierte Schuldverschreibungen, nicht in Security Immobilien Tokens. Das bedeutet, dass die Tokens kein anteiliges Eigentum an einer Immobilie abbilden, sondern die Rechte an einer Anleihe, welche die Immobilie finanziert.

Tokenisierte Immobilie – reales Beispiel

Die Tabelle zeigt die initiale Finanzierungsphase der Eigentumswohnungen Mien Boh in Rahlstedt (Hambur). Zu beachten sind die “Kaufkosten”. Dort lässt die Blockchain-Plattform Finexity die Anleger nochmals fast 18 Prozent des eigentlichen Kaufpreises mitfinanzieren.

Kaufpreis (inkl. Stellplätze)
1.969.500 EUR
Gesamte Kaufkosten
347.586 EUR
Kaufnebenkosten*
121.912 EUR
Ausstattungskosten
55.000 EUR
Rechtskosten
2.380 EUR
Strukturierungskosten
46.874 EUR
Vermittlungsprovision
82.030 EUR
Liquiditätsrücklagen
39.390 EUR
Gesamterwerbspreis
2.317.086 EUR
Bankdarlehen
1.323.350 EUR
Anlegerkapital
993.736 EUR
Quelle: Finexity
*Grunderwerbssteuer, Notar, Grundbuch-/Grundschuldeintragung

Token-Besitzer sind nachrangige Gläubiger

Dies verleiht dem Investment zusätzliche Brisanz. Denn: “Meist handelt es sich um Anteile an nachrangigen Schulden, was mit hohem Risiko verbunden ist”, sagt Voigtländer. Brechen Einnahmen aus der Immobilie weg, kommt es zum Totalverlust oder aus anderen Gründen zu einer Insolvenz, haben nachrangige Gläubiger nämlich eine sehr ungünstige Stellung: Sie bekommen erst Geld, nachdem der Insolvenzverwalter alle anderen ausbezahlt hat. Und dann ist meist nicht mehr viel übrig.

Häuser mit Kryptowährungen im Hintergrund.
Riskantes Investment in Immobilien-Tokens: Bei Verlusten steht der Anleger meist schlecht da.

Emissionskosten können beachtlich sein

Ein Vorteil, den Verfechter der Distributed-Ledger-Technologie anführen: Die Blockchain mache das Investieren günstiger. Das stimmt allerdings nicht immer. Dies zeigt das Beispiel eines gerade finanzierten Token-Investments in Eigentumswohnungen in Hamburg. Dort lässt die Blockchain-Plattform Finexity die Anleger nochmals fast 18 Prozent des eigentlichen Kaufpreises für die “Kaufkosten” mitfinanzieren. Rechnet man die Ausstattungskosten – in diesem Fall für Einbauküchen – heraus, sind es immer noch 15 Prozent “on top”.

Tokenisierte Schuldverschreibung inklusive Risiken

Das Finexity-Projekt zeigt auch beispielhaft, dass Token-Investments in Immobilien in der Regel in Form von tokenisierten Schuldverschreibungen stattfinden. Und zwar inklusive der oben genannten Gefahren. Denn bei einem Bankengläubigeranspruch, der weit über dem eingebrachten Anlegerkapital liegt, bleibt im Insolvenzfall wenig für die Token-Inhaber übrig.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Bekomme ich bei einer Immobilien-Tokenisierung Eigentumsanteile?

Derzeit sind die meisten Immobilien-Tokenisierungen tokenisierte Schuldverschreibungen. Das bedeutet, dass Sie der Token-Kauf Sie nicht zum anteiligen Eigentümer macht. Sie sind nur anteiliger Inhaber von Rechten an der Anleihe, mit der das emittierende Unternehmen den Immobilienkauf finanziert.

Worin besteht das Risiko von Immobilien-Tokenisierung als Anleihe?

Tokenisierte Schuldverschreibungen sind sogenannte “nachrangige Darlehen”. Kommt es zu einer Insolvenz des Emittenten, bekommen Sie erst dann anteilig Ihr Geld zurück, wenn alle anderen Gläubiger bedient worden sind.

Inwiefern sind Immobilien-Tokens noch riskant?

Privatanlegern fehlt in der Regel die Erfahrung und Expertise, um den Wert einer Immobilie korrekt einzuschätzen. Sie müssen sich also auf die Angaben im Verkaufsprospekt verlassen. Und die sind nicht immer seriös.

Sabine Melichar

Redakteurin | MBA Universität Köln / San Diego State University
Schwerpunkte: Tokenisierung | Digitalisierung von Unternehmen | Berufsbildung | Gesellschaft

Sabine Melichar

Redakteurin | MBA Universität Köln / San Diego State University
Schwerpunkte: Tokenisierung | Digitalisierung von Unternehmen | Berufsbildung | Gesellschaft