Um unser Klima und unsere Umwelt zu schützen, müssen wir die Erderwärmung minimieren. Dabei spielt die Reduzierung des Ausstosses von Kohlendioxid (CO2) eine wichtige Rolle. In Städten entsteht CO2 vor allem durch den Autoverkehr. Genau hier setzt der mit Blockchain-Technologie realisierte “Klima-Token” der Stadt Wien an.
CO2 reduzieren – und dafür Token garnieren
Der Klima-Token der Stadt Wien honoriert die umweltfreundliche Fortbewegung der Bürgerinnen und Bürger. Wer statt mit dem Auto
- zu Fuss
- per Fahrrad
- mit öffentlichen Verkehrsmitteln
unterwegs ist, erhält eine Gutschrift in Höhe des eingesparten CO2. Vergleichsgrösse ist dabei die CO2-Menge, die bei der Nutzung eines durchschnittlichen Autos für die zurückgelegte Entfernung entstehen würde. Gültig und zählbar sind nur Strecken, die Nutzer klimafreundlich im Wiener Stadtgebiet zurücklegen. Den Grundgedanken hinter dem Klima- oder “Kultur-Token” verdeutlicht Projektleiterin Christina Hubin gegenüber den Medien: „Wir haben uns überlegt, wie man das alles verbinden kann: Klimaziele, CO2-Reduktion, Kunst und Kultur. Wir haben einen Gamefication-Incentivierungsansatz gewählt, mit dem wir die Bürger der Stadt dazu bringen wollen, CO2 zu reduzieren.“
Start erfolgte mit einer Testphase
Alle Einwohner von Wien sollen letztlich den Kultur-Token verwenden können. Eine grosse Anzahl. Deshalb entschieden sich die Wiener Behörden für einen Testbetrieb. Dieser startete Ende Februar 2020. Mit einer E-Mail an die Adresse kultur-token@post.wien.gv.at konnten sich Wiener Bürger für das Pilotprojekt anmelden. Unter den rund 4.000 Bewerbern wählten die Verantwortlichen dann 1.000 Personen aus, die einen Link zum Download der neu entwickelten App erhielten.
So funktioniert das Tokensammeln
Für das Sammeln der Kultur-Tokens benötigen die Teilnehmer ein Smartphone sowie die App. Diese funktioniert wie folgt:
- Bewegungen der Teilnehmer erkennt die App automatisch via Motion Tracking.
- Dabei erfasst das Programm nicht nur die zurückgelegte Strecke, sondern auch die Art der Fortbewegung.
- Erfolgt diese klimafreundlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, via Fahrrad oder per pedes, erstellt die Software automatisch eine Gutschrift in Form eines Tokens. Die entsprechenden Berechnungen nimmt die App vollkommen automatisch vor.
Grundlage für die Berechnung sind die Daten des österreichischen Umweltministeriums.
Wieviel Bewegung ist für einen Token nötig?
Jeder Kultur-Token gewährt Nutzern eine kostenlose Eintrittskarte für einen kulturellen Anlass. Um einen Token zu erhalten, ist derzeit die Ersparnis von 20 Kilogramm CO2 erforderlich. Diese ist im Durchschnitt erreicht, wenn Arbeitnehmer zwei Wochen lang den täglichen Arbeitsweg klimafreundlich zurücklegen. Nach der Pilotphase ist eine Anpassung der Ersparnis und damit der Kosten für einen Wiener Kultur-Token möglich. Die Teilnehmer konnten in der Testphase insgesamt jeweils bis zu fünf Tokens sammeln und für kulturelle Events nutzen. Auch diese Grenze dürfte später im realen Betrieb wegfallen.
Wie löse ich einen Kultur-Token ein?
Haben Nutzer eine ausreichende Menge an CO2 eingespart, erhalten Sie einen Kultur-Token gutgeschrieben. Die gesammelten Tokens können sie nun eintauschen, und zwar wie folgt:
- Wer die Tokens für kostenlose Kultur nutzen möchte, kann ihn mit Hilfe der App gegen eine Eintrittskarte bei den teilnehmenden Kultureinrichtungen eintauschen.
- Nach der Einlösung erhalten Nutzer das Ticket digital als QR-Code auf ihr Smartphone.
- Dieses müssen sie dann nur noch bei der jeweiligen Einrichtung bzw. beim kulturellen Event vorzeigen. Im Kassenbereich erfolgen das Scannen des Codes und die Validierung des Tickets.
Innovation bei der Digitalisierung
Beim Wiener Token-Projekt geht es aber nicht nur um Umweltschutz. Die Zielvorgabe ist universeller: “Es geht darum, wie man Digitales für das Wohl der Menschen einsetzen kann”, betont Veronika Kaup-Hasler, Kulturstadträtin von Wien in den Medien. Der Wiener Digitalisierungsstadtrat Peter Hanke sieht die österreichische Hauptstadt bei diesem Projekt sogar im globalen Kontext als Innovator und erklärt: “Ein Digitalisierungsprojekt, das gleichzeitig ein Kultur- und Umweltprojekt ist und die Bürgerinnen und Bürger einbezieht, ist weltweit einzigartig.”
Folgende Kultur-Organisationen sind mit dabei
Die Stadt Wien ist für eine besonders grosse Anzahl von kulturellen Highlights bekannt. Dennoch ist die Liste der beim Projekt teilnehmenden Einrichtungen relativ begrenzt. Mit dabei sind:
- Konzerthaus Wien
- Kunsthalle Wien
- Volkstheater Wien
- Wien-Museum
Auch wenn es sich hierbei um einige der beliebtesten Kultureinrichtungen in Wien handelt, enttäuscht das gering anmutende Angebot etwas. Jedoch nur auf den ersten Blick. Denn nach dem Ende der Testphase sollen noch deutlich mehr kulturelle Institutionen hinzukommen und den Token damit attraktiver machen.
Kunst und Wissenschaft an Bord
Der künstlerische Aspekt des Tokens beschränkt sich nicht nur auf den freien Eintritt zu kulturellen Veranstaltungen. Die Macher haben auch bei der Gestaltung mit namhaften Künstlern zusammengearbeitet. So war für die Visualisierung des Tokens die in Wien lebende Graffiti-Künstlerin Frau Isa verantwortlich. Diese gestaltete den Kultur-Token als bunten Kristall. Zudem war an der App die Institution KÖR (Kunst im öffentlichen Raum) beteiligt. An der technischen Realisation des Kultur-Tokens haben ausserdem das Austrian Blockchain Center und das Institut für Kryptoökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien mitgewirkt. Die Ergebnisse der Testphase wollen die Wissenschaftler auch nutzen, um weitere Anwendungsfelder für die Blockchain zu finden.
Welche Rolle spielt die Blockchain beim Kultur-Token?
Beim Umweltschutz spielt die Blockchain eine immer bedeutendere Rolle. Dies zeigen Blockchain-Projekte für den Tierschutz in Afrika. Oder Tokens für den Naturschutz. Selbst in Baum-Tokens kann man investieren. Die Blockchain ist auch für den Wiener Kultur-Token von grosser Wichtigkeit. Dabei nutzen die Macher vor allem deren Fähigkeit, Daten mithilfe kryptografischer Technologien fälschungssicher zu kreieren, diese zu verketten und dauerhaft zu speichern. Auf dieser Basis lassen sich dann digitale Eintrittskarten für die gewünschte kulturelle Institution erstellen, als QR-Code visualisieren und später auch per Scan kontrollieren.
Datenschutz ist gewährleistet
Um eine weitgehende Akzeptanz des Kultur-Tokens sicherzustellen, ist der Aspekt des Datenschutzes wichtig. Immerhin mussten die Tester in der Pilotphase ihren Namen und die E-Mail-Adresse angeben. Die Gefahr: Mit diesen Angaben und Bewegungsdaten könnte die Erstellung von Bewegungsprofilen möglich sein. Die Macher betonen aber, dass derartige Angaben nur in der Testphase notwendig seien. Zudem seien alle Bewegungsdaten anonymisiert und nicht mit der Blockchain verbunden.
Start des Kultur-Tokens verzögert sich
Eigentlich hatte die Stadt Wien geplant, den Klima-Token nach einer halbjährigen Testphase im Herbst 2020 für eine breitere Nutzerbasis freizuschalten. Damit sollte auch ein erweitertes Angebot einhergehen. Allerdings hat die Covid-Pandemie diese Planung zunichtegemacht. Denn die Pandemie schränkt bekanntlich nicht nur das Kulturangebot, sondern auch das Mobilitätsverhalten ein. Aus diesen Gründen ist die Testphase des Kultur-Tokens derzeit ausgesetzt. Eine Wiederaufnahme des Projekts zu einem späteren Zeitpunkt ist allerdings fest eingeplant. Immerhin ist die Etablierung des Kultur-Tokens auch im Regierungsübereinkommen 2020 festgeschrieben.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Beim Kultur-Token spielt die Blockchain in mehrfacher Hinsicht eine Schlüsselrolle. Sie sorgt nämlich einerseits für die Erstellung fälschungssicherer Eintrittskarten zum gewünschten kulturellen Event. Andererseits ermöglicht die Blockchain aber auch die Überprüfung der Gültigkeit der digitalen Tickets.
Nein. Die Testphase ist zwar noch nicht zu Ende. Eine Anmeldung ist jedoch nicht mehr möglich. Die Verantwortlichen des Wiener Kultur-Tokens habe die Testzugänge an 1000 Personen verteilt.
Die App zeichnet die zurückgelegten Wegstrecken auf. Sie ermittelt dazu die Geschwindigkeit, mit der ein Benutzer sich fortbewegt. Dazu wertet die App die GPS- und Ortungs-Schnittstellen der jeweiligen mobilen Geräte und deren Navigations-Software aus. Auf Apple iPhones wird dazu die Verbindung zur “Health App” genutzt. Auf Android Geräten synchronisiert die “Google Fit App” die erforderlichen Daten. Auch Fitness-Tracker oder Fitness-Uhren (Garmin, Fitbit und Misfit) lassen sich mit der App “Kultur-Token” verbinden.