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Wie die Blockchain die Textil-Lieferkette kontrolliert

Die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain sind vielfältig. Einer der potentiellen Use Cases betrifft den Bereich der Logistik und der Nachverfolgung von Lieferketten. IBM macht es bei Textilien in Kooperation mit KAYA&KATO vor. Die Umwelt und Arbeitsbedingungen profitieren.

Transparenz bei der Lieferkette, fälschungssichere und einfach abrufbare Daten: Solche Vorteile verspricht man sich von der Blockchain in der Logistik. Das amerikanische Grossunternehmen IBM arbeitet daran, eine solche Nachverfolgung bei Textilien möglich zu machen. Vom Faden bis zum fertigen Produkt landet der gesamte Produktions- und Distributionsprozess auf der Blockchain. Dafür kooperiert das Unternehmen mit dem Textilunternehmen KAYA&KATO sowie dem deutschen BMZ. Es geht nicht nur um Effizienz, sondern auch um Nachhaltigkeit. Ein Thema, das auch Konsumenten in Deutschland interessieren dürfte.

Prinzip der Kryptos wird angewendet

Die Blockchain speichert alle Daten in seinen Blöcken ab. Wer zum Beispiel Bitcoin versendet, der hinterlässt Spuren in den Datensätzen des „Distribued Ledgers“. Zwar keine persönlichen Daten, doch dafür Zeitpunkt, Absender, Adresse, Anzahl der Coins und zusätzliche Informationen, sollte der Absender das wünschen. Und da Kryptowährungen letztlich auch nur Informationen sind, lässt sich dieses Prinzip auf andere Arten von Daten anwenden.

Ökologisch produziert – und fälschungssicher

Diese Daten sind dann fälschungssicher und transparent auf der Blockchain gespeichert. Ursprung, Verarbeitungsprozesse, Transportwege sind bei einer klimafreundlichen Produktion besonders wichtig. Denn nur mit einer strickten Nachverfolgung lässt sich sichergehen, dass das Produkt am Ende auch wirklich grün ist. Aus diesem Grund setzt IBM (International Business Machines Corporation) auf die Blockchain.

Transparenz der Lieferkette wird erhöht

„Die sinnvolle Kombination von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist für uns zukunftsweisend. Das Projekt kombiniert auf hervorragende Weise beide Aspekte und fördert die Transparenz der Lieferkette. Dies ist für KAYA&KATO der ausschlaggebende Grund, die Entwicklung einer Blockchain anzustossen. Wir freuen uns auf die Umsetzung und erwarten mit Spannung die ersten Lösungsansätze in Zusammenarbeit mit IBM“, so Dr. Stefan Rennicke, Mitgründer und Geschäftsführer von KAYA&KATO.

Die sinnvolle Kombination von Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist für uns zukunftsweisend.

Dr. Stefan Rennicke, Mitgründer und Geschäftsführer von KAYA&KATO

Die Partner: KAYA&KATO und das BMZ

IBM nutzt diese Technologie nicht im Alleingang, sondern arbeitet mit Unternehmen und Behörden zusammen. Zum einen besteht eine Kooperation mit dem Textilunternehmen KAYA&KATO. Hierbei handelt es sich um einen Hersteller klimafreundlicher Arbeitskleidung. Die Stoffe bestehen aus Bio-Baumwolle und aus einem Polyester-Baumwollgemisch. Dieses stellt das Unternehmen aus recyceltem Plastikmüll her, gefischt aus den Ozeanen auf der ganzen Welt. Beim Herstellungsprozess kommen keine gesundheitsschädlichen Chemikalien zum Einsatz. Die Produktion selbst findet in Europa statt. Bei der Lieferkette wollen KAYA&KATO Transparenz bieten, damit Abnehmer auch sicher sein können, dass die Produkte nachhaltig sind.

Kette
Woher kommt Kleidung oder Holz? Die Blockchain schafft Klarheit über die Lieferkette.

Mit grünem Gütesiegel ausgezeichnet

Weiterhin unterstützt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (kurz: BMZ) das Vorhaben. Die deutsche Behörde zeichnete das Projekt mit dem „Grünen Knopf“ aus. Der Grüne Knopf ist ein Gütesiegel für sozial und ökologisch nachhaltig produzierte Textilien. Dabei geht es auch um würdevolle und humane Arbeitsbedingungen der Arbeiter. Ausserdem soll der Herstellungsprozess Natur- und Tierwelt nicht belasten. Das Ergebnis der Zusammenarbeit ist die „textile trust“ Plattform. Den Start der Plattform gab IBM Januar 2021 bekannt. Hier können Kunden, Hersteller und Zulieferer die Daten von Textilien im Produktionsverlauf festhalten und abfragen. Zunächst wird nur die Lieferkette bei KAYA&KATO erfasst. Anschliessend soll sich die Plattform auf weitere Unternehmen ausweiten lassen.

Umwelt und Arbeitsbedingungen profitieren

Die Transparenz der Lieferkette ist gerade bei der Textilwirtschaft so wichtig, weil bei der Herstellung verschiedene Arbeitsschritte notwendig sind. Das fängt bei der Herstellung der Fasern an und geht bis zur eigentlichen Produktion der Kleidung. Dann folgt die Lieferung zu den Lagerhallen und Geschäften, bis das Produkt schliesslich beim Kunden ankommt. Es sind gerade Schwellen- und Entwicklungsländer, in denen die Textilherstellung eine wichtige Industrie darstellt. Die Beschäftigten sind häufig unterbezahlt und arbeiten unter widrigsten Bedingungen. Selbst um die Sicherheit der Arbeiter ist es nicht gut bestellt, wie zum Beispiel der Gebäudeeinsturz in Sabhar zeigte, bei dem 1135 Menschen ums Leben kamen.

Socke, Schal und Hose mit eigener ID

Um sicherzustellen, dass die Kleidung auf humane und umweltfreundliche Weise gefertigt wird, braucht es eine klare Aufzeichnung der Daten. Das schafft Vertrauen und macht Supply-Chain-Daten schnell verfügbar. Ohne grossen Aufwand lässt sich somit überprüfen, wie es um die Umweltverträglichkeit der Textilien bestellt ist. In der Theorie werden die Daten lediglich in den nächsten Block der Blockchain eingetragen. Sobald dieser der Blockchain hinzugefügt wurde, verteilt sich die neue Informationen über das gesamte Netzwerk. Jeder mit Zugriff auf die Blockchain-Daten kann diese dann überprüfen. Jedem einzelnen T-Shirt, jeder Hose, jedem Schal und jeder Socke lässt sich eine ID zuweisen, mit der sich die Produktions- und Lieferkette kontrollieren lässt.

Auch andere Unternehmen setzen auf Blockchain

IBM und KAYA&KATO sind mit ihrem Einsatz der Blockchain bei Lieferketten nicht allein. Man verspricht sich dadurch eine Reihe von Vorteilen:

  • Sichere und transparente Nachverfolgung der gesamten Lieferkette
  • Schutz gegen Betrug und gefälschten Produkten, auch für Konsumenten
  • Effizientere Datensammlung und Nachprüfung
  • Sichere Verfolgung von Lizenzen und Gebühren

Es sollen also alle davon profitieren können: Verbraucher, Produzenten und die Arbeiter, welche die Kleidung herstellen. Die Daten lassen sich im Grunde von jedem internetfähigen Gerät aus überprüfen. Weiter bestehen mögliche Anbindungen an das „Internet of Things“, also eine umfassende Vernetzung von Maschinen und Computern.

Andere Unternehmen erproben mittlerweile ebenfalls die Blockchain:

  • H&M (Cos): Die „UK Fashion and Textile Association“ (kurz: ukft) arbeitet mit IBM für eine nachhaltige Lieferkettenverfolgung zusammen. Mit dabei sind die Textilunternehmen sowie Shops H&M, Next und New Look.
  • Walmart: Walmart setzt auf die Blockchain für das Management seiner Lieferketten. Der Distributed Ledger dient dabei als ein zentrales Datenregister für die Verwaltung verschiedenster Zulieferer.
  • FedEx und UPS: Beide Transportunternehmen sind der BiTA beigetreten, der „Blockchain in Trucking Alliance“, einem Konsortium für den Einsatz von Blockchain-Technologien. Das Ziel ist die Optimierung der Lieferketten.

Die Probleme der Blockchain in der Logistik

Perfekt ist die neue Technologie nicht. Auch beim Einsatz der Blockchain gibt es ein paar Probleme und Bedenken:

  • Offene vs geschlossene Blockchains: In der Regel sind Blockchains offen. Das heisst, alle Informationen sind öffentlich zugänglich. Das verschafft Vertrauen und Transparenz. Viele Unternehmen bevorzugen allerdings geschlossene Blockchains. Das sind dann Datensätze, welche nur den eigenen Mitarbeitern und offiziellen Partnern zur Verfügung stehen. Während es gute Gründe gibt, solche Systeme geschlossen zu halten, führt das gleichzeitig zu einem Verlust an Transparenz und Sicherheit.
  • Der Faktor Mensch: Am Ende ist die gesamte Lieferkette noch immer von den Daten abhängig, die ein Mensch eingibt. Bestimmte Aspekte lassen sich automatisieren, zum Beispiel indem Maschinen die Waren selbst einscannen. Somit ist keine Manipulation möglich. Das ist jedoch nicht für alle Vorgänge machbar. Und einmal in der Blockchain eingetragen, lassen sich manipulierte oder fehlerhafte Daten nicht mehr entfernen.
  • Skalierungsprobleme: Die Skalierung ist ein dauerndes Thema bei den Blockchains. Je mehr Daten zusammenkommen, desto grösser und unhandlicher wird die Blockchain. Viele Transaktionen (auch von Daten) benötigen ein Netzwerk, das diese schnell verarbeiten kann. Andernfalls kommt es zu Engpässen.
  • Kosten: Die Einführung eines Blockchain-Netzwerkes verursacht zusätzliche Kosten und technische Hürden. Mitarbeiter müssen eingewiesen werden, es braucht Blockchain-Experten und -Programmierer. Unternehmen stehen vor die Frage, ob sie eigene Lösungen entwickeln oder mit Drittanbietern zusammenarbeiten wollen.
  • Strom- und Hardware-Verbrauch: Blockchains laufen über Nodes. Die Konsens-Mechanismen bauen entweder auf Proof-of-Work oder Proof-of-Stake auf. All das verbraucht Strom und weitere Hardware. Gerade nachhaltige Lösungen müssen den Einsatz neuer Technologien rechtfertigen, wenn diese noch mehr Energie verbrauchen.

Wer ist IBM?

IBM steht für „International Business Machines Corporation“. Der US-amerikanische Unternehmensriese spezialisiert sich auf Software und Hardware. Das börsennotierte Unternehmen beschäftigt sich unter anderem mit KI, Cloud-Computing und Blockchain-Technologien. Gegründet wurde es im Jahr 1911, damals produzierte es Maschinen zum Auslesen von Lochkarten. Die ersten Computer also.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Welche Blockchain setzt IBM bei Lieferketten ein?

IBM setzt auf „Hyperledger Fabric“. Hierbei handelt es sich eigentlich nicht um eine gewöhnliche Blockchain. Sie ist nicht dezentral und verfügt auch nicht über eine Kryptowährung. Stattdessen ist es lediglich ein verteiltes Protokoll für Datensätze.

Kann ich in die Blockchain von Supply-Chains investieren?

Unternehmen greifen eher auf Blockchains zurück, die nicht über eigene Kryptowährungen verfügen. Direkt in die Blockchain zu investieren, ist damit nicht möglich. Dafür verfügen die Unternehmen allerdings über Aktien.

Lässt sich durch den Einsatz der Blockchain CO2 eingesparen?

Dazu stehen uns bislang noch keine Daten zur Verfügung. Das Projekt zusammen mit KAYAu0026KATO ist lediglich ein Testlauf und dient als Proof of Concept. IBM scheint allerdings bestrebt zu sein, das Konzept weiterzuführen und auf weitere Unternehmens anzuwenden.

Martin Berger

Krypto-Spezialist | Studium der Wirtschaftswissenschaften
Schwerpunkte: Tokenisierung | Security Tokens | Kryptowährungen | Change Management

Martin Berger

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